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Sonic Colours

Sonic Colours

Sonic Colours zu spielen ist in dessen besten Momenten so, wie die Beatles gleichzeitig zu hören, zu spielen und zu fühlen. Yellow Submarine im buntesten Erdbeerfeld dieser Galaxis inklusive eines direkten Drahtes hinein ins Gehirn von John Lennon, nachdem er als Geist vor zwei Wochen sein Jahrzehnte altes LSD gefunden und eingetröpfelt hat. Exakt so fühlt sich der erste Level der Starlight Carnival-Welt an. Welcome to Wahnsinn.

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Mal ist Sonic riesig, mal klein wie ein einzelnes Pixel. Der Igel rast auf einer sich vor ihm entwickelnden Datenautobahn entlang und wechselt immer wieder die Perspektive. Alles scheint wie auf Schienen zu laufen, ist aber dennoch frei. Man hat nie das Gefühl, dass Sonic Colors einem etwas aufzwingen will. Es will mit einem spielen und es will, dass man mit ihm spielt. Das ist doch das Beste, was einem mit so einem Game passieren kann.

Congrats, Sonic Team, ihr seid so unglaublich gut darin, irre und obszön bunte Welten zu machen, um sie in ein Spiel zu verpacken. In ein absurd schnelles Spiel übrigens. Auf den Schwingen der ureigenen Hektik der Sonic-Reihe schickt uns Sega direkt in und durch das Auge des Wahnsinns. Es gibt so unfassbar viele Momente, wo das Auge nicht mitkommt und das Hirn nicht korrekt verschalten kann, was gerade auf dem Bildschirm passiert.

Mit Sonic Colours hat Sega auch endlich mal wieder ein Sonic-Game gemacht, das alle Lager versöhnen wird. Die Fans der alten Games und die Kids von heute. Endlich haben sie es geschafft, den Wahnsinn der originalen Sonic-Spiele mit der 3D-Welt von heute auszusöhnen. Denn eines kann Sonic Colours besonders gut: Welten verknüpfen. Mehr noch: Es scheint fast so, als ob sie hier zu besichtigen ist: die perfekte Verbindung eines Sidescroll- und 3D-Plattformers. An vielen Ecken und Enden zwar ein bisschen zu bunt und zu hektisch zwar, aber das ist eine andere Geschichte.

Sonic Colours
Sonic im Anflug auf die lebenserhaltenden Ringe.
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Sonic und Tails ziehen nicht allein in den Kampf gegen Dr. Eggman. Acht Wisps helfen dabei, eine erneut ziemlich nebensächliche Geschichte um die bösen Absichten des Eiermanns zu überstehen. Der kleine Fuchs Tails ist in der Story der Höhepunkt und glänzt immer wieder durch erdnahe und trockene Feststellungen, während Sonic wie gehabt eine Spur zu sehr neben selbiger unterwegs ist. Inhaltlich jedenfalls. Das Script zum Spiel stammt von den Schreibern der in Deutschland indizierten Sega-Blutorgie Mad World und der Happy Tree Friends. Ken Pontac und Warren Graff scheinen bewusstseinserweiternden Substanzen nicht abgeneigt, muss man zumindest mal unterstellen

Die Wisps sind verschiedenfarbige Aliens, die Sonic mit Spezialfähigkeiten ausstatten, wenn er sie im Vorbeilaufen assimiliert, inhaliert oder was auch immer ein Igel mit hilflosen Außerirdischen macht. Mit der Hilfe des gelben Wisp bohrt sich Sonic durch den Boden, der rote Wisp schenkt ihm einen Feuerball, der türkise Wisp macht ihn zum Laserstrahl. Wenn Sonic durch das Schütteln der Wiimote in den Laserstrahlmodus wechselt, können wir ihn für eine kurze Zeit nach dem geometrischen Gesetz Einfallswinkel gleich Ausfallswinkel ausrichten und dann abschießen. Und schon flitzt der Laser-Sonic durchs Level.

Man hat zwar bei alledem häufiger das Gefühl, dass man nicht weiß, warum jetzt genau passiert ist was passiert ist - aber das macht nichts. So ist das eben bei Igeln mit Spezialkräften. Wenn sich Sonic etwa einen orangefarbenen Außerirdischen einverleibt, schießt er in einem knallbunten Kaleidoskop in vorher unerreichbare Höhen. Ein pinkfarbener Wisp klebt ihn an Wände und mit den Kräften des grünen Kerls wird Sonic zur Schwebefliege. Nicht alle dieser Eigenschaften darf der Igel sofort nutzen. So bleibt vielfach nur der spätere Gang zurück in Welten, um sie wirklich zu meistern.

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Im Grind-Modus auf einem der vielen Handrails. Da kommt es auch schonmal vor, dass der Igel winzig klein wird.
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Teilweise läuft Sonic tatsächlich komplett automatisch durch seine Welt - dann darf man sich für ein paar Sekunden ausruhen. Manchmal ist es auch einfach nur Rennspiel auf Schienen. Sonic rast dahin und wir können ihn durch das simple Drücken der Richtungstasten auf eine von drei oder vier Spuren schicken. Das sind Plattformen oder auch mal Geländer mitten in der Luft, auf denen Sonic in einem Affenzahn entlang grindet. Aber am besten ist der Plattformer immer in jenen Momenten, wo man scheinbar komplett die Kontrolle verliert, sie in Wirklichkeit aber nur für Millisekunden ein bisschen dem Zufall überlässt.

Das geht auch zu zweit. Gameland heißt der Multiplayer-Modus. Im Sonic Simulator können wir zu zweit mit Sonic sieben Levelstufen erklimmen. Das ist schlichter, weniger bunt, aber genauso schnell und verbeugt sich eher vor der 8-Bit-Herkunft des hyperaktiven Igels. Wir spielen im Koop-Multiplayer, im dem zwei Sonic-Bots ihre Wisp-Kräfte kombinieren können, in der Zwei-Player-Variante eher ein Miteinander-Gegeneinander-Spiel, während es in der 1,5-Player-Variante ein reiner Koop-Modus mit nur einem Score für den Level für beide Spieler wird. Unterhaltsam, aber bei weitem nicht so großartig wie das Solo-Spiel.

Am Ende liegt der Reiz und der Wiederspielwert des Games in dem Streben nach dem höchsten Score für jedes Level und einem Eintrag in den Onlineranglisten. Wie in jedem Sonic-Game wird man nur durch vielfaches Spielen eines Levels und ziemlich stupides Auswendiglernen der besten Strecke zum Zen-Meister. Der Weg dahin allerdings ist eine ausnahmslos wunderbare Reise - und zwar in fast jedem einzelnen Level. Denn jedes davon bietet zahllose Möglichkeiten, mit vielen Punkten an dessen Ende zu gelangen.

Sonic Colours ist eines der grafisch schöneren Spiel für die Wii, das flüssig und schnell vor unseren Augen abspult. Unterstützt wird das visuelle Erlebnis von einen tollen Retro-Soundtrack, der nur durch eine unerträglichen Schnulze von Titellied geschändet wird. So ein Lied können sich nur Japaner ausdenken, die dem US-Markt gefallen wollen und bei der Marktforschung in Sachen Musik gespart haben. Ich wünsche mir noch, denn Soundtrack komplett abstellen zu dürfen, um Sonic mit den Beatles im Hintergrund und ausschließlich den klimpernden Spielsounds genießen zu können. Aber man kann wohl nicht immer alles haben...

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KRITIK. Von Thomas Blichfeldt

Es gibt so einige Fans, die Sonic aufgegeben haben. Aber da ist natürlich Hoffnung. Bunte Hoffnung, in Form von acht farbigen Wisps.



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