Snowrunner ist der Nachfolger von Spintires: Mudrunner - einem Game, das gottseidank einen etwas einfacheren Namen bekommen hat und nun einfach nur noch "Mudrunner" genannt wird. Es ist eine Simulation, in der es darum geht, schwieriges Terrain mit einer Auswahl verschiedener Trucks und Nutzfahrzeuge zu bezwingen. Wie der Name des neuen Titels schon sagt, geht es diesmal nicht nur um Schlamm (Mud), sondern eben auch um Schnee. Trotz dieses Wechsels in der Bodenbeschaffenheit hatten wir eine Menge Spaß damit, uns in der eisigen Wildnis auszutoben und allerlei Ärger mit durchdrehenden Reifen zu haben.
Ich kenne die PS-Abenteuer in unwegsamer Wildnis seit der Erweiterung "American Wilds" aus dem letzten Jahr und es war eine angenehme Überraschung, nicht um Bestzeiten zu kämpfen, sondern sich mit Differentialgetriebe und Feinheiten des Allradantriebs zu befassen. Es hat eine Weile gedauert, bis ich verstanden habe, was dieses Spiel zu bieten hat und was es so besonders macht. Denn statt Bleifuß und wilden Lenkmanövern liegt der Erfolg darin, sich Zentimeter um Zentimeter durch widriges Terrain zu schlagen.
In diesem Geheimtipp einer Simulations-Serie geht es somit um präzise Fahrmanöver, die im Endeffekt zur Erledigung von Aufgaben dienen, die ein riesiges Einsatzgebiet umspannen. Das richtige Fahrzeug für den jeweiligen Auftrag zu wählen, ist dabei der erste Schritt. Dann geht es darum, langsam und vorsichtig unwegsames Gelände zu durchqueren, das zum Beispiel aus Schlamm, Dickicht oder eben Schnee und Eis besteht, bis wir das jeweilige Ziel erreichen.
Durch unsere Vorkenntnisse wissen wir bei Snowrunner ganz genau, was auf uns zukommt. Wir beginnen unsere Karriere überraschenderweise in der schneefreien Umgebung von Michigan in den USA, das von einer Flutkatastrophe heimgesucht wurde und nun sehr feucht ist. Obwohl wir fast etwas enttäuscht sind, dass die weiße Pracht erst später im Spiel auf uns wartet, machen wir die Tutorials natürlich erst einmal mit. Dabei werden eigentlich alle Mechaniken abgedeckt, die ihr als Kraftfahrer beherrschen müsst.
Glücklicherweise sind die Tutorials informativ und gut gestaltet, was Neueinsteiger freuen dürfte. In jeder Lektion geht es um ein paar Kleinigkeiten, zum Beispiel wann ihr zwischen niedriger Übersetzung und Vierradantrieb wechseln solltet. Nachdem ihr eine Weile mit einem Pickup-Truck gefahren seid, bekommt ihr bald einen richtigen LKW. Der bekommt dann noch einen Anhänger und schon bald kutschiert ihr Holz und Metall durch die Lande, um die Rohstoffe für eine Brücke zu liefern, die dann prompt ein neues Gebiet für euch erschließt. Das funktioniert wirklich gut und wirkt realistisch.
Vom Aufbau her ist das Spiel alles andere als kompliziert. Euch steht eine Landkarte zur Verfügung, die sich durch Exploration langsam aufdeckt, wobei es manchmal schon über unanständig schwer zu befahrendes Gelände geht. Auf dem Weg könnt ihr Aussichtstürme besuchen, um Details der Umgebung sichtbar zu machen, was an Ubisoft-Spiele wie Assassin's Creed erinnert (aber keine Bange). Klingt doch alles ganz einfach, oder? Ein paar Baustoffe einsammeln und sie an ihren Zielort bringen? Im Prinzip ist es das. Wenn da nur nicht diese Flutkatastrophe wäre, die einen Großteil der Straßen wirklich schwer passierbar macht und uns mit einer großen Fülle unterschiedlich griffiger Bodenbeläge konfrontiert. Das verleiht dem Spiel sprichwörtlich seine Tiefe.
Im Schlamm festzusitzen könnte zu den intensivsten Kämpfen gehören, die ihr in letzter Zeit in eurem Gaming-Leben bestreiten musstet. Wenn ihr es falsch macht, grabt ihr euch immer tiefer ein und kriegt euren Wagen nie mehr aus dem Dreck - dann müsst ihr euch in die nächstgelegene Werkstatt zurückversetzen lassen. Ihr könnt aber auch eines eurer anderen Fahrzeuge holen, um das Erste aus dem Schlamassel zu ziehen. Euer bester Freund ist dafür eine motorbetriebene Seilwinde - doch passt auf, wo ihr sie befestigt, sonst werdet ihr noch zum Baumfäller.
Da die Spieleserie dem Matsch ihren Namen verdankt, wird feuchter Untergrund hier beinahe perfekt simuliert. Und nach dem Tutorial könnt ihr, auch wenn das noch keine gute Idee ist, direkt nach Alaska reisen, wo euch Schnee und Eis erwarten. Die eingefrorenen Landschaften sehen dabei nicht nur fantastisch aus, das Spielgefühl bekommt auch noch mal eine ganz andere Ausrichtung. Schon bald schlittert ihr elegant herum, fast wie ein Elch auf Schlittschuhen. Okay, vielleicht trifft diese Beschreibung auch nur auf mich zu.
Dennoch muss man sagen, dass es beinahe unmöglich ist, auf der Straße zu bleiben - aber das macht auch den Spaß aus. Die Technik des Stotterbremsens macht es etwas leichter, doch eure Aufträge bleiben stets ein Kampf gegen die Elemente und manchmal fühlen sich die Anforderungen schlichtweg brutal an. Gleichzeitig macht das Ganze aber auch jede Menge Spaß und bietet eine echte Herausforderung. Außerdem gibt es unglaublich viel zu beachten, mal ganz abgesehen von der Beschaffenheit des Untergrundes. Da ist zum Beispiel die Benzinanzeige, deren Verbrauch natürlich auch von eurem Vorgehen abhängt. Je mehr Gas ihr gebt, desto schneller ist der Tank leer. Wenn das der Fall ist und ihr es nicht rechtzeitig zu einer Tankstelle schafft, müsst ihr mit einem anderen Wagen Sprit holen fahren.
Im Verlauf eures Abenteuers bekommt ihr es mit drei verschiedenen, großen Gebieten zu tun: Zwei in den USA und eines in Russland. Die Landschaften sehen dabei unglaublich gut aus, mit Bergen und sehr realistischen Wäldern - auch, wenn es keine Tiere dort gibt. So authentisch alles ist, ohne Fauna und Menschen wirkt das Ganze ein bisschen ausgestorben. Dafür ist die Ausgestaltung der zahlreichen Fahrzeuge einfach klasse. Es gibt so viele PS-Mühlen zu kaufen, wenn ihr erst einmal genug Geld habt, dass Sammler ewig beschäftigt sein werden.
Und dann erst das Sound-Design: Das Röhren der Motoren klingt, als hätte sich euer TV in einen Monster-Truck verwandelt. Die sauber gestaltete akustische Atmosphäre macht einen sehr guten Job, euch das Leben als Trucker zu vermitteln. Die Steuerung ist für ein Autospiel relativ standardmäßig, reagiert aber auf jeden Fall gut und passt zu jeder Situation.
Es gibt auch einen Multiplayer-Modus, wo man mit bis zu drei Freunden gemeinsam die Maps unsicher machen kann, doch diesen Teil des Games konnten wir vor dem offiziellen Start noch nicht ausprobieren. Stattdessen haben wir die Zeit genutzt, nach Fehlern und Glitches zu suchen, haben aber kaum etwas gefunden. Mal fehlt hier und da ein Schatten, aber das war es auch schon. Insgesamt war unsere Zeit mit dem Spiel eine runde Sache und es kommen sicher auch noch Patches, die die letzten Fehlerchen beheben.
Alles in allem ist Snowrunner eine tolle Bereicherung auf dem Gebiet der Fahrzeugsimulationen. Durch Schnee wird das bereits bewährte Konzept noch besser und fordert euch noch mehr Können ab. Hier und da fühlt sich das Spielgeschehen etwas einsam und trist an, doch das gehört wahrscheinlich auch im echten Leben zum Job des Truck-Fahrens in der extremen Wildnis. Vor allem für Fans von Mudrunner ist dieses Spiel sowieso ein Pflichtkauf und nun fragen wir uns, wo die Serie wohl als Nächstes hinführt - vielleicht als Sandrunner in die Wüste?