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Sherlock Holmes: Crimes & Punishments

Sherlock Holmes: Crimes & Punishments

Ein modernes Adventure braucht einen modernen Helden. Also hat Frogwares dem Meisterdetektiven ein Update verpasst und neue Methoden an die Hand gegeben.

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Als wir vor zwei Jahren in Das Testament von Sherlock Holmes das letzte Mal mit dem Meisterdetektiv ermittelten, hatte das Adventure zwar Schwächen, aber sorgte dennoch für unterhaltsame Stunden. Vor allem der düstere Stil hatte es mir persönlich angetan. Das neue Spiel funktioniert wieder ganz anders und bringt viele Neuerungen ein. Und auch technisch macht Frogwares einen großen Sprung nach vorn. Mit Hilfe der Unreal Engine 3 bietet eine sehr ansehnliche Optik. Sie ist weiterhin nicht herausragend - die Animationen sind zum Teil sehr schwach. Aber daneben gibt es viele kleine Leckerbissen und hübsche Effekte.

Das wichtigste aber ist, dass der Entwickler aus der Ukraine weiterhin auf viele verschiedene Spielmechaniken setzt, um auf sich ständig wiederholende und in die Jahre gekommene Adventure-Elemente verzichten zu können. Auch in Sherlock Holmes: Crimes & Punishments können wir uns so mehr in eine echte Ermittlung mit der beliebten Romanfigur hineinversetzen. Unser Detektiv wirkt zwar diesmal ein bisschen cooler und ein Spur zu sympathisch. Integriert wurde zudem mit Mycroft auch Holmes Bruder, die zueinander übrigens so agieren, wie wir es von der Fernsehserie Sherlock erwarten. Trotzdem steckt noch immer viel von der originalen Figur und den Geschichten von Arthur Conan Doyle im Spiel, was den alten Fans den Wandel nicht vermiesen dürfte.

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Sherlock Holmes: Crimes & PunishmentsSherlock Holmes: Crimes & Punishments
Optisch hat sich das Abenteuer dank der Unreal Engine 3 deutlich weiter entwickelt und es gibt auch ein paar neue Spielmechaniken.
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Frogwares wollte aber auch ganz bewusst einen anderen Detektiv entwickeln. Und das ist auch wirklich keine schlechte Idee, denn ein modernes Adventure braucht natürlich auch einen modernen Helden. Das Ergebnis kann sich glücklicherweise sehen lassen kann. Herausgekommen ist eine Erfahrung, die nicht mehr so öde und langweilig ist - beim letzten Spiel war genau dieser Aspekt noch der Hauptkritikpunkt. Schade ist lediglich, dass Dr. Watson diesmal so sehr in den Hintergrund tritt und durch den starken Episodencharakter nur kleine Happen entstanden sind und keine große Geschichte. Selbst wenn die offene Spielwelt nur vorgegaukelt war, stören die neuen Spiel relativ kleinen Schauplätze mit ihren unsichtbaren Wänden.

Ähnlich ambivalent ist das Bild bei den neuen Ermittlungstechniken. In der Charakteranalyse wandern wir über die Figur und suchen besondere Merkmale. Das Wissen, was Holmes daraus zieht, nutzt er im Gespräch. Er schüchtert die Person gegenüber damit ein oder lockt sie aus der Reserve. Das Finden dieser Punkte ist sehr simpel und wenn wir später eine Entscheidung treffen müssen, liegt die richtige Antwort meist sehr nahe. Aber auch, wenn dieses Element wenig anspruchsvoll ist, so passt es zumindest perfekt in den Detektivalltag und die scharfsinnige Analyse dieser Fakten durch Holmes klingt ein jedes mal so furchtbar clever und logisch.

In die Vernehmungen, in die unsere Ergebnisse der Analyse unter anderem einfließen, sollten wir jedoch erst dann gehen, wenn wir genug Indizien gesammelt haben. Der Verlauf des Gesprächs passt sich nämlich entsprechend an unseren Informationsstand an. Sherlock Holmes hat zum Finden solcher Mittel einen neuen sechsten Sinn, mit dem er die Umgebung besser überprüfen und so auf versteckte Dinge stoßen kann. Auch dieses Spielelement erfordert nicht besonders viel Geist von uns. So lässt sich zusammenfassend sagen, dass das Team viele tolle Dinge zusammengetragen, die zwar für Abwechslung sorgen, aber nur wenig fordernd sind.

Sherlock Holmes: Crimes & Punishments
Die Screenshots zeigen, was es offensichtlich werden sollte. Diese sind nämlich lebendiger als das eigentliche Spiel.
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Etwas netter ist das System zum Fällen einer Entscheidung. Je nachdem, wie viele Informationen und Indizien wir bereits gesammelt haben, können wir damit Verknüpfungen bilden und daraus wiederum Schlüsse ziehen. Um eine Entscheidung zu treffen, ist es keineswegs nötig alle Beweise zu finden. Es ist sogar möglich, eine Falsche zu wählen. An einigen Stellen allerdings lassen sich schnell die Grenzen des Spiels erkennen. Wenn es bei der Polizei heißt, dass in jede Richtung ermittelt wird, bleibt diese Erfahrung doch sehr gradlinig.

Frogware will von uns am Ende übrigens nicht nur wissen, wer der Schuft ist. Es wird eine moralische Entscheidung gefordert und so müssen wir außerdem überlegen, ob wir den Täter vielleicht einfach laufen lassen wollen. Haben wir dies getan, folgt direkt nach dem Lösen des Falls ein belohnender Abspann, der die Folgen darstellt. Die sechs enthaltenen Fälle sind jedoch nur lose miteinander verknüpft und wir müssen für falsche Entscheidungen keine ernsten Konsequenzen fürchten. Uns wird sogar die Möglichkeit gelassen, ein Urteil direkt zu revidieren, wenn es uns nicht passt.

Und wenn ich an dieser Stelle ebenfalls alle Indizien zusammentrage und daraus Schlüsse ziehen, dann würde ich sagen, dass Frogwares für Sherlock Holmes: Crimes & Punishments einfach nicht genug Zeit hatte. Es gibt die neue Engine, mit der Playstation 4 eine neue Konsole und einige frische Spielmechaniken. Anders als beim Vorgänger gibt es nur deutsche Untertitel, aber keine deutsche Sprachausgabe. Außerdem wollte man den Charakteren mehr Pfiff verleihen und musste sich dafür natürlich auch noch etwas einfallen lassen. Herausgekommen ist so ein Adventure, das viele gute Ansätze hat, aber ebenso viele Baustellen.

Zudem bin ich mir nicht sicher, warum der Episodenstil nicht genutzt wurde, um andere Vertriebsmodelle auszuprobieren. Aber vielleicht wollte Frogwares das eigentlich auch, aber der Publisher hatte ein Problem damit. Oder wir müssen einfach noch ein bisschen darauf warten. In jedem Fall waren es unterhaltsame Stunden mit Sherlock Holmes, in denen mehr als einmal meine Augen geleuchtet haben, weil es als Adventure so ohne große Reibung dahingleitet und damit konstant unterhält. Für das nächste Mal sollte aber über einen höheren Schwierigkeitsgrad nachgedacht werden - wenn auch nur als mögliche Option. In jedem Fall ist eine sehr gute Ausgangsbasis gelegt und beim nächsten Mal gibt es dann ein Adventure mit dem nötigen letzten Schliff.

07 Gamereactor Deutschland
7 / 10
+
hübsche Präsentation, viel Abwechslung, reichlich interessante Ideen
-
schwache Animationen, beengte Areale, etwas leicht, wirkt unfertig
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

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