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Rime

Rime

Wir haben Rime ausgiebig getestet und sind endlich bereit, ein abschließendes Fazit zu treffen.

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"Was spielst du da? Ist das Ico?", „Ist das Shadow of the Colossus Remastered?", „Sieht aus wie ein Journey-Klon?". Die Leute die mich Rime haben spielen sehen, stellten viele Fragen und Vermutungen an, die ich gut verstehe. Rime hat kein Problem damit, in die Fußstapfen einiger Genre-Größen zu treten, das Tempo ist langsam, die Musik rätselhaft, aber schön, und die Insel ist voller Geheimnisse... Das neue Spiel von Tequila Works folgt diesen Fußstapfen aber nicht nur, sondern stößt an die Grenzen unserer Erwartung. In allererster Linie möchte Rime etwas Besonderes sein, es will uns zu Tränen rühren und in Erinnerung bleiben, noch lange nachdem das Spiel beendet wurde. Und auf viele Arten erreicht der kleine Titel auch genau das, aber der aufgeblasene, melodramatische dritte Akt verhindert, dass es mit den eingehend erwähnten Giganten in einer Reihe stehen kann.

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Obwohl Rime einige Male stolpert, ist es magisch und gleichzeitig real.

Der Protagonist wird als eine Art moderner Crash Bandicoot wach - angespült am Strand. Er steht auf und schüttelt sich den Sand aus seinen nassen Sachen. Aber dort wo Crash anfängt, sich wild zu drehen, Spaß zu haben und sich generell nur wenig um andere Dinge schert, verlässt unser Held langsam den Strand und sieht sich neugierig um. Das Spiel erklärt uns nicht wohin wir gehen sollen, sondern verlässt sich auf unseren gesunden Menschenverstand, der uns in Richtung Mitte der Insel führt. Nur wenige Minuten vergehen, bis wir am Horizont einen ersten Blick auf den riesigen Turm erhaschen, ganz ähnlich wie der geheimnisvolle Berg in Journey, der sofort zum Ziel unserer Reise wird und der etwas in den Spielern anzieht, wie das Licht die Motten. Ich weiß sofort, dass ich dorthin will, jetzt muss ich nur noch in Erfahrung bringen, wie.

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Die Insel ist groß, bleibt aber übersichtlich. Auf dem Papier wirkt es, als könnte man mit dem Terrain Schwierigkeiten bekommen, aber Tequila Works stellt uns eine kleine fuchsartige Kreatur zur Seite, die uns häufig in die richtige Richtung führt. Er ist nicht groß, aber oft hören wir sein fröhliches Bellen, das wie ein Audiokompass funktioniert. Ich hatte gemischte Gefühle für meinen Begleiter: Ich habe mich gefreut, als er auftauchte und mich etwas in Richtung meines Ziels geleitet hat, aber wenn er direkt vor einem steht und loskläfft, stört er doch die sonst so ruhige Atmosphäre auf der Insel. Die Figur selbst scheint den kleinen Racker zu lieben, mir ging es da ein bisschen anders.

Und da stolpern wir auch schon über die Achillesferse von Rime: Emotionen. Die Spiele von denen ich am Anfang im Vergleich mit Rime gesprochen habe, wissen wie man in Spielern Gefühle erzeugt. ICO ist eine Studie in Minimalismus und bittet uns, fest die Hand von Yorda zu halten. Journey ist minimalistisch in seinem eingeschränkten Einsatz von Sprache und Kommunikation, wenn wir mit unserem namenlosen Begleiter den Berg besteigen. Shadow of Colossus ist obskur und rätselhaft mit seinen weiten und leeren Arealen. Rime versucht sich an diesem minimalistischen Designansatz, aber es fühlt sich gegen Ende sehr gezwungen an, was eher albern wirkt. Wie oft seid ihr schon auf die Knie gefallen und habt die schreiend die Fäuste in Richtung Himmel gestreckt, um auf die Ungerechtigkeit eurer Situation aufmerksam zu machen? Noch nie, oder? Weil Menschen nicht wie in schlechten Filmen reagieren und Rime benutzt diese aufgeblasenen Emotionen und es geht daneben... gefühlt fast jedes Mal.

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Die Insel schafft es allein durch ihr ausgefeiltes Design, uns zum Erkunden zu ermutigen.
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Es ist schade, dass Rime auf diese Art und Weise strauchelt, besonders im dritten Akt, wenn es kurz davor ist, richtig abgeliefert zu haben. Es gab ein paar Momente mit instabiler Bildwiederholrate und ich musste einmal das Spiel neu starten, aber das waren wirklich nur kleine Zwischenfälle, denn ansonsten weiß das Spiel zu glänzen. Bei meinem ersten Besuch auf der Insel endete ich erst um 2 Uhr in der Früh im Bett, weil ich so neugierig war und immer weiter erkunden wollte. Optisch ähnelt der Titel The Witness und die Insel sieht aus wie ein bewegtes Gemälde. Sie ist durchgehend schön und der Abwechslungsreichtum der Umgebungen fördert den Entdeckerdrang.

Der Schwierigkeitsgrad gereicht dem Spiel ebenfalls zu Vorteil, den es will uns immer mit Rätseln und Zweideutigkeiten anlocken. In Rime soll man nicht steckenbleiben, aber man wird immer dazu ermutigt, erst ein wenig zu überlegen, bevor es weitergeht. Manchmal geht das aber auch schief und das Rätsel wirkt unlogisch in Bezug auf die etablierten Regeln. Deshalb bleibt manchmal die Befriedigung aus, auch wenn man die Lösung gefunden hat. Man endet irritiert und erleichtert, wenn es dann endlich weitergeht.

Ein Beispiel: In der Mitte des Spiels müssen wir einen Knopf drücken, an den wir aber nicht herankommen, weil er von einem Monster bewacht wird. Immer wenn wir uns dem Monster nähern, brüllt es und wir fallen eine Etage tiefer. Die Lösung? Noch dichter an das Monster herangehen, sodass es nach uns greift. Obwohl uns das Spiel vorher ziemlich deutlich klargemacht hat, dass wir das Problem nicht auf diese Weise lösen können. Ich habe das nur probiert, weil mir überhaupt nichts anderes mehr eingefallen ist.

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Ist Rime trotz der Nähe zu seinen Inspirationen wichtig? Wir denken ja!

Glücklicherweise sind die Rätsel so gemacht, dass sie jeden Typ Spieler ansprechen dürften. Oft wird mit der Perspektive gespielt - man erschafft etwa eine Tür, in dem man aus einem bestimmten Winkel auf Dinge schaut. Es ist einfach und gleichzeitig herausfordernd und es fühlt sich besonders an, so durch die Welt zu wandern.

Und das ist Rime im Kern: besonders. Die Inspirationsquellen sind klar, aber das Spiel hat eine eigene Identität. Die Hintergründe über die vielen Leben der Insel und ihrer vergangenen Zivilisationen wirkt magisch und bedeutungsvoll und das ist das größte Kompliment, das man einem Phantasie-Universum geben kann. Der Titel ist magisch und gleichzeitig real. Das Spiel stolpert ein paar Mal, aber es steht stolz auf eigenen Beinen. Nein... Ich spiele nicht ICO und auch nicht Journey - ich spiele Rime und das hat sowohl meine, als auch eure Aufmerksamkeit verdient.

08 Gamereactor Deutschland
8 / 10
+
Präsentation und Soundtrack überzeugen; Die Insel steckt voller Geheimnisse; Angenehmer Schwierigkeitsgrad und Länge des Spiels
-
Einige Rätsel sind nicht logisch; Der dritte Akt wird aufgeblasen; Kleiner Schluckauf in der Framerate.
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

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