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Persona 5 Strikers

Persona 5 Strikers

Das neue Spin-Off von Persona 5 lässt einiges zu wünschen übrig.

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Ein Fan zu sein, das kann ganz schön anstrengend sein. Ausgerechnet Persona 5 Strikers hat mir das auf frustrierende Art und Weise vor Augen geführt. Das Spin-Off der Dynasty-Warriors-Entwickler Omega Force ist eine originalgetreue Fortsetzung zum hochgelobten Persona 5, das die Geschichte des Hauptspiels fortsetzt. Auf dem Papier klingt das wie ein wahrgewordener Traum, doch es hat Wochen gedauert, bis ich dieses Produkt für das was es ist akzeptieren konnte. Das liegt nicht daran, dass das Entwicklerstudio schlechte Arbeit geleistet hat - im Gegenteil. Es ist nur leider so, dass mein Herz eben für ein anderes Spiel schlägt.

Auf dem ersten Blick ist Strikers eine direkte Fortsetzung von Persona 5, sowohl spielerisch als auch erzählerisch. Die Geschehnisse setzen ein halbes Jahr nach den mysteriösen Vorkommnissen des Hauptspiels an und die Phantom Thieves treffen sich wieder in Tokyo, um gemeinsam die Sommerferien zu verbringen. Noch ehe diese Pläne in die Tat umgesetzt werden können, werden Joker und seine Freunde Zeuge einer gefährlichen Macht, die Menschen ihren Willen entreißt. Wie wir wenig später erfahren, ist das leider kein Einzelfall, sondern der Beginn eines großen Komplotts. Um eine Serie auffälliger Sinneswandel zu untersuchen, reisen wir mit unseren Freunden in einem Wohnmobil quer durch Japan.

Die Geschichte von Persona 5 Strikers folgt der Formel des Hauptspiels, wirkt an einigen Stellen aber etwas gehetzt und weniger nuanciert. Insgesamt ist die Erfahrung gebündelter als das Hauptspiel, obwohl sich das Ende wiederum ein wenig zieht. Nach 50 Spielstunden kann ich nun jedenfalls ins New Game + starten, Persona 5 ist gut und gern doppelt so lang. Auch spielerisch hat dieses Destillat viel mit dem Hauptspiel gemein. Ihr klickt euch durch Gespräche, erkundet detailliert gestaltete Gebiete und müsst euer Team verwalten, um mit allen neun Spielfiguren ordentlich kämpfen zu können.

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Persona 5 Strikers
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Könntet ihr diese Screenshots von Persona 5 oder Persona 5 Royal unterscheiden? All diese Spiele sehen sich zum Verwechseln ähnlich.

Der offensichtlichste Unterschied ist das neue Echtzeitkampfsystem, denn Omega Force hat aus den rundenbasierten Persona-Kämpfen einen ungewöhnlichen Musou-Hybriden geschaffen. Die Phantom Thieves bekommen es auf den 3D-Schlachtfeldern nun mit Horden von Schatten zu tun, die sie mit flotten Schlägen und akrobatischen Kampfmanövern vermöbeln. Diese vordergründige Kampfmechanik wird vom Rollenspielgerüst der Hauptreihe Shin Megami Tensei untermauert. Das bedeutet, dass eure Fähigkeiten zweitrangig sind, wenn ihr nicht auf die Elementarschwächen und -resistenzen der verschiedenen Personas achtet.

Der Mix aus diesen beiden Elementen ist tiefgreifender, als es zunächst den Anschein erweckt. Viele Talente setzen zum Beispiel Mana voraus, weshalb ihr euch gut überlegen solltet, wie und wann ihr eure Kräfte einsetzt. Durch erfolgreiche Combos könnt ihr Elementarfähigkeiten auch ohne zusätzliche Kosten entfesseln, was in herausfordernden Kämpfen Pflicht ist, weil euer Manavorrat sonst zu schnell zur Neige geht. Ihr könnt das stumpfe Kloppen sogar weitestgehend überspringen, wenn ihr mit euren Zaubern auf die Schwächen der Feinde abzielt und sie somit kontinuierlich unterbrecht.

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Ich hatte große Probleme, das in die Tat umzusetzen, konnte mich damit aber irgendwann arrangieren. Kämpfe gegen niedrige Schatten haben in der ersten Spielhälfte (noch) keinen Anspruch, wohingegen Gefechte mit Zwischen- und Endbossen voraussetzen, dass man sich mit dem RPG-Teil intensiv beschäftigt. Persona 5 Strikers findet die nötige Balance leider nicht und das kann ziemlich ärgerlich werden. Im späteren Spielverlauf glückt die Fusion erfreulicherweise. Sobald man einige starke Personas zusammengebaut hat, gewinnen die Gefechte an taktischer Tiefe. Ihr müsst die Bewegungen eurer Gegner immer noch lesen und darauf reagieren können, doch das Kämpfen ist dynamischer und unterhaltsamer.

Persona 5 Strikers
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Ein paar Mal vergreift sich das Spiel unschön im Ton, was ich nach Royal ehrlich gesagt nicht mehr erwartet hätte.

Um die technische Präsentation zu bewerten, hilft es, sich den Entwicklungsverlauf von Persona 5 Strikers anzuschauen. Koei Tecmos Entwicklerstudio Omega Force startete die Produktion 2016, kurz nachdem Atlus Persona 5 in Japan veröffentlichte. Grafiken und Sounds ähneln dem des Hauptspiels, weil Atlus' Persona-Team (P-Studio) tatkräftig mitgeholfen hat. Der Titel erschien schon letztes Jahr in Japan, doch die Lokalisierung hat ein bisschen auf sich warten lassen. In wenigen Wochen erscheint die englische Version des Spiels mit deutschen Untertiteln, deshalb ist ein großer Teil des Projekts heute nicht mehr zeitgemäß.

Die Bildqualität auf 4K-Bildschirmen ist zum Beispiel sehr pixelig und auffällige Farben sollen über niedrig aufgelösten Texturmatsch hinwegtäuschen. Das lineare Level-Design kann diesen Umstand nicht verschleiern und was noch viel ärgerlicher ist, ist das vollkommen überladene HUD, das die Übersicht in den Kämpfen unnötig erschwert und von wichtigeren Dingen ablenkt. In der Hitze des Gefechts überdecken Sprechblasen, Aktionsbefehle und störende Bildschirmeinblendungen normalerweise das Kampfgeschehen. Dafür läuft das PS4-Spiel auf der PS5 absolut rund und ich konnte keine Performance-Einbußen feststellen. Ob Spieler auf Nintendo Switch und PC die gleiche Erfahrung haben, weiß ich aber leider nicht.

Wenn man sich anschaut, welche anderen Spiele Omega Force in der Zwischenzeit entwickelt hat, fällt jedenfalls auf, wie viel Aufmerksamkeit Persona 5 Strikers zuteilwurde. Das Studio hat es erfolgreich geschafft, eines der besten (und komplexesten) RPGs der PS4 in Einzelteile zu zerlegen und diese Bausteine auf ihr eigenes, charakteristisches Gameplay zu übertragen - während die Themen, die Geschichte und die Charaktere des Spiels aufgegriffen und fortgesetzt wurden. Obwohl die Summe dieser Bestandteile in meinen Augen zu einem inkohärenten Bild führt, bietet das Spiel viele Momente, die langjährigen Fans der Serie ein Lächeln ins Gesicht zaubern werden. Doch um diese wertzuschätzen, braucht man Geduld und man sollte ein paar Aussetzer auf dem Weg ertragen können.

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07 Gamereactor Deutschland
7 / 10
+
Die Phantom-Thieves sind zurück! Direkte Fortsetzung, Gameplay bietet eigenen Twist, neue Kameraden, viel Fan-Service.
-
Musou-Gameplay an steile Lernkurve gebunden, Produktionswerte liegen unter dem des Hauptspiels, Spielfluss wiederholt sich sehr schnell, Royal wird ignoriert.
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

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