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Narcos: Rise of the Cartels

Narcos: Rise of the Cartels

Der Krieg gegen die Drogen führt uns ins Kolumbien der 1980er-Jahre. Es ist an der Zeit, eine Seite zu wählen.

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Narcos: Rise of the CartelsNarcos: Rise of the Cartels
Die Bedienelemente und die Benutzeroberfläche funktionieren sehr gut, vor allem das Level-Design überzeugt.

Wir waren ziemlich gespannt auf Narcos: Rise of the Cartels, ein isometrisches, rundenbasiertes Strategiespiel, das auf der beliebten Netflix-Serie basiert. Narcos ist, falls ihr es nicht wusstet, eine Web-Serie über den Aufstieg von Pablo Escobar, der zum Kopf eines Drogenkartells wurde. Mehr wollen wir euch lieber nicht verraten, schaut euch am besten selbst die erste Staffel an, auf der dieses Game hier basiert. Nur so viel vorab: Wenn ihr bereits ein großer Fan der Serie seid, profitiert eure Spielerfahrung natürlich umso mehr davon.

Alle unsere Lieblingsfiguren, wie Pablo und Murphy, sind am Start und ihre Abbilder und Charaktermodelle basieren auf den Figuren aus dem Material, nicht auf ihren realen Gegenstücken. Dann gibt es Musik- und Story-Beats, die direkt der Show entnommen wurden, was uns manchmal ein wenig das Gefühl gab, dass das Game etwas zu sehr von seiner Vorlage zehrt und nicht auf eigenen Beinen stehen kann. Narcos: Rise of the Cartels ist im Grunde eine Mischung aus rundenbasierten Überfällen und Missionen, bei denen wir abwechselnd zwei Seiten spielen - die Narcos und die DEA (die amerikanische Drogenpolizei, die auch als Drug Enforcement Administration bekannt ist). Die Narcos-Geschichte öffnet sich allerdings erst, nachdem wir einige der DEA-Missionen abgeschlossen haben.

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Bevor wir uns in den Kampf begeben wählen wir bis zu fünf Gruppenmitglieder aus. Während der DEA-Mission stehen fünf verschiedene Klassen zur Auswahl: ein agiler Soldat mit einer Pistole, ein anderer rennt mit einem Granatwerfer rum, es gibt jemanden mit einer Schrotflinte, eine Spezialeinheit für Sturmgewehre und ein Kerl mit einer Maschinenpistole. Die meiste Zeit verbrachten wir mit Schrotflinten und Sturmgewehren, da sie am nützlichsten schienen. Als sich die Narcos-Story öffnete, fanden wir die gleiche Liste von Klassen vor, optisch wird die Drogenbande lediglich etwas variiert. Es wäre schöner gewesen, für jede Seite unterschiedliche Einheiten zu bekommen, doch stattdessen haben wir die gleichen Truppen mit unterschiedlichen Skins und Namen. Das Gleiche gilt übrigens auch für die Level, da die Missionen der Narcos oft genau das Gegenteil von dem waren, was wir bereits mit der DEA gemacht hatten.

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Wer während der Mission stirbt, bleibt auch tot, denn Narcos: Rise of the Cartels bietet Permadeath.

Während der Missionen leuchtet das Spiel am hellsten. Es gibt eine Reihe von Operationen, in denen wir einen Kerl töten, irgendjemanden beschützen/retten oder Informationen finden sollen. Während wir auf einem Auftrag sind, legen wir unsere Bewegungsreihenfolge wie bei einem Rollenspiel fest. Die Charaktere jeder Seite bewegen sich abwechselnd und führen ihre Aktionen aus - die Teams sind also nicht geschlossen an der Reihe, sondern wechseln sich ab. Das ist eine nette Idee, die jedoch dazu führt, dass wir nicht benötigte Einheiten zurücklassen und uns auf einen oder zwei Charaktere konzentrierten, die mit Waffengewalt wie eine Ein-Mann-Armee durch die Level stolzieren. Gegen diese Technik hat die doofe KI kaum etwas in der Hand.

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Unser erster, großer Kritikpunkt gilt der KI, die zeitweise ziemlich schlecht reagiert. Oft sieht man einen Kerl, der uns mit der Pistole ins Gesicht schießt, dabei nur zwei Schadenspunkte verursacht und anschließend seinen Zug beendet. Wir können den angeschossenen Typen im Anschluss daran direkt auswählen und den Pistolero unsererseits umhauen, was jedes Mal klappt und sich stumpf anfühlt.

Das hört sich jetzt vielleicht etwas negativ an, als es eigentlich gemeint ist, denn wir hatten mit den Kämpfen durchaus unseren Spaß. Das Level-Design ist großartig und man merkt am hochwertigen, visuellen Design, dass der Entwickler wirklich versucht hat, die Magie Kolumbiens einzufangen. Was uns außerdem gut gefallen hat, waren die One-Shot-Kills: Wenn man einem Feind mit einem Angriff genügend Gesundheit raubt, lässt er sich mit einem gezielten Schuss erledigen. Anstatt sich auf das Glück zu verlassen, müssen wir in einem kurzen Moment unser Fadenkreuz über den Feind bewegen und X drücken (Gegenangriffe sind ebenfalls enthalten und funktionieren auf dem gleichen Prinzip). Wenn ein Charakter während seines Zuges nicht seine komplette Energie verbraucht hat, bereitet er sich automatisch darauf vor, zurückzuschießen. Dadurch kommt eine neue, strategische Komponente hinzu.

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Narcos: Rise of the CartelsNarcos: Rise of the Cartels
Wenn man einem Feind mit einem Angriff genügend Gesundheit raubt, lässt er sich mit einem gezielten Schuss erledigen.

Eine andere Sache, die uns ärgerte, ist, wie selten die Feinde Initiative zeigen. Besonders deutlich wurde das in der Kampagne der DEA, als wir mit wenigen, mächtigen Einheiten an der Spitze einen Angriff abwehren sollten. Der Trick in diesem Szenario ist, sich in jeder Runde auszuruhen, um die Gesundheit wieder aufzuladen, während man feindliche Aktionen kontert. Dass uns die Feinde solche Möglichkeiten bieten und uns nicht rigoros verfolgen, ist einfach Quatsch. Natürlich klappt diese Taktik nicht die ganze Zeit über, was dann auch mal für Aufregung sorgt, wenn wir einem Ansturm für einige Runden überstehen müssen. Insgesamt springt die Spielerfahrung aber immer zwischen diesen beiden Polen.

Zwischen den Missionen kehren wir zu unserer Basis zurück. Dort können wie Fertigkeitspunkte vergeben, Charaktere verbessern und neue Talente erlangen, sodass unsere Truppe zum Beispiel zusätzlichen Schaden verursacht. Wenn Soldaten verletzt wurden, müssen wir Medikamente und Verbände besorgen, um sie zu heilen oder wir lassen sie in Ruhe auskurieren. Wer während der Mission stirbt, bleibt auch tot, denn Narcos: Rise of the Cartels bietet Permadeath. Wenn ein Charakter stirbt, ist er für immer verschwunden und alles, was er gelernt hat, war umsonst. Das hilft dabei, sich an Charaktere zu binden, wovon das Spiel profitiert.

Wenn man jemanden ersetzen muss, müssen wir ihn natürlich zuerst rekrutieren. Die Wirtschaftskomponente spielt im Grunde keine wirkliche Rolle, da unser Kapital auf magische Weise wieder aufgefüllt wird, wenn uns die Moneten ausgehen. Das Spiel verrät uns sogar, dass wir uns darum keine Sorgen machen müssen und keine Konsequenzen fürchten brauchen, was die Frage aufwirft, warum es die Wirtschaftsfunktion denn überhaupt gibt. Vielleicht arbeitet das Team ja noch daran, daraus etwas Anspruchsvolles zu machen - momentan ist sie nur ein nutzloses Gimmick.

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Die Charaktere jeder Seite bewegen sich abwechselnd und führen ihre Aktionen aus - die Teams sind also nicht geschlossen an der Reihe, sondern wechseln sich ab.

Mit diesem Mangel an Strategie und dank der taktisch unfähigen KI fühlte sich Narcos: Rise of he Cartels manchmal etwas zu einfach an. Abgesehen von diesen beiden Dingen war das Spiel poliert und es sieht auch gut aus und spielt sich ebenso. Die Bedienelemente und die Benutzeroberfläche funktionieren sehr gut, vor allem das Level-Design überzeugt. Die Charaktermodelle erinnern an die Serie, allerdings hätten wir uns mehr Klassen und Spezialisierungen gewünscht. Ansonsten war die Präsentation auf auditiver Ebene fabelhaft, jedoch wiederholen die Charaktere während des Kampfes immer wieder ihre dummen Schlagworte.

Alles in allem ist Narcos solide, aber es ist kein großartiges Spiel und es hatte sicherlich das Potenzial, besser zu werden. Es ist ein Werk für Fans und es bietet einige gute Features (insbesondere die Kill-Shot haben uns gefallen). Seltsame KI-Entscheidungen machten die Missionen jedoch häufig zu einfach und es mangelte sowohl auf taktischer, als auch auf strategischer Ebene an Herausforderungen. Trotzdem haben wir meistens eine gute Zeit mit dem Spiel verbracht, obwohl ein paar Verbesserungen vorgenommen werden müssen und das verschenkte Potential offensichtlich wird.

06 Gamereactor Deutschland
6 / 10
+
sieht toll aus, Fans der Serie werden begeistert sein, schöne Mischung aus verschiedenen Ideen.
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KI agiert schwach, keine Notwendigkeit mit Geld zu haushalten, Einheiten wurden faul gestaltet.
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

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