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Musik in Games: Poets of the Fall sprechen über die Arbeit mit Remedy

Wir haben die populären Musiker der finnischen Rockband Poets of the Fall getroffen und mit ihnen über ihre Arbeiten bei Remedy Entertainment gesprochen.

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Musik ist ein wichtiger Bestandteil vieler Spielerfahrungen, deshalb tauchen immer mal wieder Soundtracks auf, die die Linie zwischen Musik- und Spieleindustrie verschwimmen lassen. Die finnischen Rocker Poets of the Fall gehören zu den Bands, die sich in der Welt der Videospiele einen Namen machen konnten und gleichzeitig eine Karriere im Musikgeschäft aufbauten.

Diese Ikonen erkunden unterschiedliche Medien für ihre Kunst und arbeiten seit über zwei Dekaden mit Entwickler Remedy Entertainment zusammen. Wir haben in dieser Zeit einen bunten Mix an visuellen und musikalischen Stilen von ihnen gesehen, was vor allem in den phänomenalen Live-Auftritten ersichtlich ist. Obwohl sie mitten in der Arbeit für ihr virtuelles Projekt "Alexander Theatre Sessions" stecken (die erste Episode der virtuellen Show könnt ihr hier sehen), hat sich Frontmann und Sänger Marko Saaresto die Zeit genommen, um mit uns über die Höhepunkte der Band bei ihrer Arbeit mit Videospielen zu sprechen.

Saaresto und Remedy-Chef Sam Lake waren zunächst Freunde und daraus entwickelte sich im Laufe der Jahre eine professionelle Beziehung. "Ich und Sam Lake, der Creative Director bei Remedy, waren schon lange Freunde", erzählte uns Saaresto. "Damals arbeitete Remedy an ihrem nächsten Spiel - Max Payne 2. Ollie Tukiainen und ich hatten gerade Poets of the Fall gegründet. Eines Nachts fuhr ich mit Sam im Auto [durch die Stadt]. Wir sprachen über Musik und Spiele und die Idee einer Zusammenarbeit kam auf. Wir dachten das wäre cool, denn es war etwas, das es nach unserem Wissen so bisher noch nicht gegeben hatte. Ich dachte nicht, dass daraus etwas werden würde, aber ein paar Wochen später rief Sam an und bat uns, die Musik für Max Payne 2 zu schreiben. Der Song, der dabei herauskam, war 'Late Goodbye' und unser Keyboarder, der [den Song] für das Spiel produzierte, wurde dabei zu einem festen Bandmitglied der Poets of the Fall."

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Late Goodbye - der Song ertönte 2003 während des Abspanns von Max Payne 2: The Fall of Max Payne - wurde auf diese Weise Teil der Geschichte der Poets of the Fall, sowie auch von Remedy. Der Track schuf zusammen mit dem restlichen Soundtrack eine starke Identität für das Spiel und dessen Atmosphäre, weshalb er auch einen Weg in die Herzen der Videospielfans und Musikenthusiasten dieser Welt fand.

Wir wollten vom Künstler wissen, wie der Song die Leben der finnischen Poeten beeinflusst hat und wie sie jetzt - 16 Jahre später - darüber denken: "Es war für uns genau richtig und zeigt auch, wo wir uns derzeit in unserem kreativen Prozess befanden", so Saaresto. Er sprach anschließend über den großen Druck, der damals auf der Band lastete. Statt sich vom Erfolg überwältigen zu lassen, nutzen die Poets of the Fall die Erfahrung als Inspiration. "Unser Motto war immer das Beste zu geben, was wir können - Musik ist unser Sprachrohr. Wir sind sehr glücklich mit dem, was nach 'Late Goodbye' kam, denn das hat uns wirklich über den Berg geholfen. Wir lieben den Song immer noch."

Seit diesem Hit haben die Poets of the Fall 2010 an Alan Wake und Remedys letztem Titel (Control) gearbeitet, neben einer sehr erfolgreichen Musikkarriere mit vielen Alben/Tourneen. Die Zusammenarbeit von Remedy unterscheidet sich stark von anderen Kollaborationen zwischen Entwicklern und Bands. Die Poets of the Fall haben nicht nur die Originalaufnahmen für den Entwickler komponiert und aufgenommen, sondern tauchen auch selbst als fiktionale Band 'Old Gods of Asgard' in den Werken der Finnen auf.

Marko Saaresto sprach mit uns über den kreativen Prozess der Band, der solche Momente ermöglichte, und dabei erklärte er uns, dass sich jedes Projekt von den anderen unterscheide. "Um es bis auf die Knochen zu dekonstruieren, es sah ungefähr so aus: Zuerst haben wir entschieden, worum es in dem Song gehen würde, was die lose Story wäre. Dann haben wir eine Melodie mit Harmonien entwickelt und dann alles so zusammengefügt, wie wir die Geschichte musikalisch untermalen wollten. Mit anderen Worten: Welchen Stil der Song haben würde."

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Beim Komponieren dieser Tracks hatte die Band relativ Freiheit: " Neben einer kurzen Einführung in die Story und den musikalischen Stil hatten wir alle kreativen Freiheiten bei der Arbeit an diesen Songs. Die Kreativen bei Remedy verstehen, dass es besser ist, die kreativen Köpfe frei arbeiten zu lassen, um die besten Resultate zu erhalten." Das war sicher eine gute Idee für beide Parteien, wenn man die Qualität der Resultate berücksichtigt.

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Interessanterweise wurden viele Tracks - übrigens nicht 'Late Goodbye' - zwar mit dem Spiel im Hinterkopf geschrieben, aber nicht für die Spiele maßgeschneidert. "Es war tatsächlich genau andersherum" erinnert sich der Sänger. "Am Ende passten die Entwickler die Spielumgebungen der Musik an, was sie wunderbar hinbekommen haben". Anschließend fügte er hinzu, dass bei Alan Wakes 'The Poet and the Muse' ein ähnlicher Prozess stattfand, wie bei 'Late Goodbye'. "Nachdem wir uns auf einige Hauptpunkte der Story geeinigt hatten, entstand der Text zusammen mit der Musik und dem Rest der musikalischen Produktion. 'Children of the Elder God' und 'Balance Slays the Demon' brauchten mehr Zeit und Überarbeitungen, aber auch hier war der gesamte Prozess vergleichbar. Im Vergleich zu Control ging alles ziemlich gradlinig über die Bühne. Control brauchte mehr Produktion, Coding und Komposition. Das war alles handgemacht, um ein interaktiver Teil des Spiels zu sein."

Die fiktionale Band Old Gods of Asgard hatte einige erinnerungswürdige Auftritte in Alan Wake und Control. In einem Titel sorgte es für kurze Unterbrechungen der sonst eher schweren Atmosphäre, im anderen Projekt für einzigartige, verrückte Sequenzen, wie etwa das sagenumwobene Ashtray-Maze. Eine fiktionale Band und eine reale darzustellen sei eine einzigartige Erfahrung, so Saaresto:

"In Poets of the Fall spiele ich mich als darstellender Künstler. Es gibt keine Rolle, das bin einfach ich. Mit den 'Old Gods of Asgard' ist das anders. Hier schreiben wir für einen anderen Zweck, es ist eher eine Form des Theaters, als es bei Poets of Fall der Fall ist. Ich finde jede Musik ist eine Form des Theaters oder des Geschichtenerzählens. Mit den 'Old Gods of Asgard' ist es als würde man ein Kostüm anziehen, als würde man eine Figur darstellen. Es gibt also andere musikalische und künstlerische Dimensionen, mit denen wir spielen und experimentieren können. Wir lieben beides, beides macht Spaß, auf seine jeweils ganz eigene Art und Weise."

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Der Frontsänger fügte hinzu, dass das Darstellen der 'Old Gods of Asgard' nicht nur eine Form des Theaters sei, sondern gleichzeitig auch eine Quelle der Inspiration: "Als Liebhaber aller Arten von Musik, darunter natürlich auch Metal, fanden wir die regelmäßige Ablenkung vom musikalischen Stil der Poets erfrischend. Es ist die Gelegenheit einen musikalischen Stil pausieren zu lassen, während man etwas anderes macht. Und wenn wir dann wieder für die Poets of the Fall schreiben, wird es irgendwie wieder frisch und neu. Selbst wenn die Projekte viel Zeit in Anspruch nehmen - sie waren auch immer eine Quelle der Inspiration."

Dass etablierte Bands Soundtracks für Videospiele erschaffen ist sicher nicht der Normalfall und die Poets of the Fall haben sich somit gleich in zwei unterschiedlichen Industrien etabliert. Als wir sie fragten, wie diese Entscheidung ihre Karrieren beeinflusste, verdeutlichte Saaresto, dass es "sicher ein interessantes Feld war, denn es kamen immer neue Projekte dazu. Natürlich hat es am Anfang viel für unsere Bekanntheit getan. Ich denke das tut es immer noch."

Laut Saaresto erzählen die Fans den Bandmitgliedern immer wieder davon, dass sie aufgrund der Spiele auf die Musiker aufmerksam geworden seien. "Es macht Spaß, dass unsere Fans eine völlig unterschiedliche Herangehensweise an die Musik haben und es ist toll, dass unsere Musik Teil von etwas anderem, wie ein Film oder ein Spiel, ist." Zuletzt wollten wir noch wissen, ob die Künstler selbst Gamer sind und ob sie weiterhin an Musik für Spielen arbeiten möchten. Laut dem Frontsänger ist beides der Fall: "Viele von uns sind Spieler und ja, wir sind immer an musikalischen Projekten zu Filmen und Spielen interessiert.".

Wir danken den Poets of the Fall für dieses Gespräch.

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