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Iron Harvest

Iron Harvest - Anspielbericht

In einer alternativen Version des Ersten Weltkriegs wandeln gewaltige Mechs durch die Schlachtfelder Osteuropas. King Art aus Hamburg zeigt uns, wie das aussehen könnte.

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Mit Iron Harvest sehen wir zur Abwechslung mal ein Videospiel, das aus dem Schatten eines Tabletop-Brettspiels hervortritt - nicht andersherum. Das deutsche Entwicklerstudio King Art zeigt uns Einheiten-basierte Echtzeitstrategie mit vielen dampfenden Dieselpunk-Einschüben aus einer Welt, die der Künstler Jakub Rozalski geschaffen hat - der war bereits für die Brettspielsensation Scythe verantwortlich. Seine Werke zeigen eine alternative Version Osteuropas zur Zeit des ersten Weltkriegs und genau dort spielt auch dieses Spiel.

In Berlin konnten wir diese Woche die ersten fünf Missionen der Polania-Kampagne spielen, das ist ein ordentliches Stück der insgesamt 21 Story-Szenarios, die das Game zum Start bieten wird. Wir lernen im Tutorial das junge Mädchen Anna Kos kennen, die zu einer wahren Heldenfigur heranreift. Wir begleiten sie auf ihrer ersten Jagd, erfahren wie sich der energiegeladene Rotschopf mit einem Bären anfreundet und warum ihr Bruder Janek in den Krieg zieht. Viele Jahre später stehen wir in der unschönen Verantwortung, unser Dorf und das Vaterland gegen die heranrückenden Rusviet-Soldaten zu verteidigen. Dass das Szenario mehr als plumpen Patriotismus in einer beliebigen Fantasiewelt bietet, wird kurze Zeit später klar, nachdem wir Zeuge davon werden, wie jemand mit einem einzigen Faustschlag einen gewaltigen Mech ausschaltet.

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Die großen Kriegsmaschinen beherrschen die Schlachtfelder von Iron Harvest und sie verlieren ihren imposanten Auftritt auch nach mehreren Stunden nicht. Als wir mit Anna und ein paar Freiheitskämpfern in der dritten Mission feindliche Stellungen bei einem Bahnhof erobern, dürfen wir diese Einheiten erstmals selbst kontrollieren. Wenn man nah an das Geschehen heranzoomt (was dank der frei drehbaren Kamera gut eingefangen wird), überzeugen die Animationen dieser mechanischen Kampfeinheiten mit vielen großartigen Details. Eine Gattung dieser Giganten war ein schneller Sprinter mit einer Railgun, die großen Schaden aus der Entfernung anrichtet. Diese Klasse kann feindliche Stellungen mit Leichtigkeit aus der Ferne ausschalten und weil sie so wendig ist, fällt es den Soldaten nicht leicht, ihr in den Rücken zu fallen (von hinten erhalten die Mechs mehr Schaden).

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Das Gameplay von Iron Harvest orientiert sich an Company of Heroes und gewährt uns Zugriff auf wenige, im Verlauf des Matches dafür immer stärker werdende Einheiten. Mit zunehmender Kampferfahrung werden aus frischen Rekruten kampferprobte Killermaschinen, allerdings müssen wir darauf achten, dass die Truppe nicht komplett ausgelöscht wird (das sollte ja eigentlich klar sein). Eine Truppe Gewehrschützen besteht aus fünf oder sechs Soldaten und solange einer davon überlebt, kann die angesammelte Erfahrung an frische Verstärkung weitergegeben werden, ohne die Effektivität der Truppe negativ zu beeinträchtigen. Regeneration ist jedoch nur in unserer Basis möglich, bzw. indem wir auf dem Schlachtfeld nach Versorgungsgütern Ausschau halten. Um unsere Kampfexpertise nicht zu verlieren, müssen wir in den Gefechten also höllisch aufpassen.

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Deshalb ist es umso wichtiger, dass wir unseren Truppen Deckungsmöglichkeiten verschaffen und sie in Gebäuden verschanzen. Befestigte Anlagen sind fantastische Unterschlupfe, doch feindliche Mechs legen sie im Nu in Schutt und Asche (ab einer gewissen Größe laufen die angeblich einfach durch das Haus hindurch) - deshalb tut es in den meisten Fällen auch ein Sandsack oder herumliegende Baumstämme. Unsere Einheiten suchen im Grunde selbstständig nach Deckung, zumindest wenn die KI erkennt, dass in der Nähe kontextsensitiv eine solche Gelegenheit zur Verfügung stellt. Da unsere Gegner nicht selten ebenfalls in befestigten Anlagen positioniert sind, müssen wir sie flankieren oder ihnen auf anderem Wege in den Rücken fallen, um die militärische Oberhand zu erhalten. Auf den Schlachtfeldern gibt es zudem Möglichkeiten für Hinterhalte, beispielsweise wenn wir die Felder oder Büsche nutzen, um unsere Feinde zu überraschen.

Iron Harvest wird außerdem grundlegenden Basenbau unterstützen. Die Ingenieursklasse hilft nicht nur bei der Reparatur unserer wandelnden Rostlauben, sie errichtet außerdem unterschiedlich stark befestigte Verteidigungsanlagen und Einheitengebäude, mit denen wir Soldatennachschub erhalten. Die dafür notwendigen Ressourcen sammeln unsere Truppen aus Versorgungsbehältern in der Umgebung ein oder indem sie Produktionsgebäude instand setzen. Darüber hinaus können wir ausgebrannte Mechs nach wichtigen Rohstoffen absuchen, was sicher vor allem in den Multiplayer- und Skirmish-Modi den Unterschied ausmachen könnte. Base-Racing wird eine nicht unerhebliche Rolle in Iron Harvest spielen, letztlich scheint das angesichts des hochtaktischen Kampfgeschehens jedoch ein stückweit in den Hintergrund zu rücken.

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In unserem Beta-Build haben wir leider festgestellt, dass beim Befestigen der Basis noch große Probleme mit der Steuerung auftraten. Am Rand eines Abhangs eine Reihe Sandsäcke zu ziehen, um die erhöhte Position bestmöglich nutzen zu können, ist aktuell zum Beispiel kaum möglich. In dieser unfertigen Version stellen sich die Einheiten außerdem gern in die Schusslinie der Feinde, weil sie das Prinzip Deckung falsch verstehen. Und mit mehreren Einheiten über die Karte zu laufen, sorgt ebenfalls noch für Probleme, weil die den Weg nicht findet. Solche Dinge sind in einer frühen Version natürlich zu erwarten, allerdings hat King Art eben auch eine gewisse Historie mit Bugs in ihren Spielen.

Interessant ist es ansonsten vielleicht noch, dass die Ausrüstung und somit die Klasse unserer Fußsoldaten nicht bindend ist. Wenn wir in der Welt (beispielsweise bei getöteten Feinden) andere Waffen finden, können wir uns die schnappen. Mit aufgeklaubten Granaten zwingen wir eingegrabene Feinde dazu, sich in Bewegung zu setzen, oder zerstören feindliche Defensive gänzlich. Wie man die vorhandenen Verteidigungsanlagen zu seinem Vorteil nutzt, das wird bei den Deckungskämpfen sicher eine große Rolle spielen, da Iron Harvest dank der mechanischen Unterstützung und den starken Geschützen nicht die typische Massenschlacht zu sein scheint.

In einer Mission mussten wir eine Stellung gegen heranrückende Feindwellen verteidigen und dieses Aufeinandertreffen bot fantastische Schauwerte. Wie diese gewaltigen Roboter, die es in verschiedensten Formen und Größen gibt, über die goldenen Kornfelder stampfen und dem Kreuzfeuer ihrer Verbündeten beitreten, das sieht wirklich fantastisch aus. Beim genaueren Hinsehen (etwa in den Zwischensequenzen) könnten die Gesichter sicherlich besser animiert werden, aber was allein diese Dieselpunk-Fantasie im alternativen Szenario des Ersten Weltkriegs stemmt, das hat mich wirklich sehr beeindruckt.

King Art scheint aus der spannenden Brettspiellizenz also einiges rauszuholen. Wer Freude an Scythe oder der Kunst von Jakub Rozalski hat, der darf sich aller Voraussicht nach auf Iron Harvest freuen. Unter der hübschen Haube entsteht ein handwerklich überaus solides Strategiespiel, das intensiv vom starken Ausgangsmaterial zehrt. Wenn die Entwickler diesen spielerischen Kern jetzt noch richtig ausarbeiten und ihn von den vielen kleinen und großen Schönheitsfehlern befreien, dann werden damit sicher auch RTS-Fans ihre Freude haben, die mit diesem Universum vielleicht noch gar keinen Kontakt haben.

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KRITIK. Von Kim Olsen

Obwohl King Art kaum Erfahrung mit dem Genre hat, konnten sie eine insgesamt stimmige Erfahrung abliefern.



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