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Halo Infinite

Halo Infinite (Kampagne)

Mit Halo Infinite müssen sich 343 Industries der ultimativen Aufgabe stellen und beweisen, dass sie die rechtmäßigen Verwalter der Master Chief-Saga sind.

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Auch wenn es ein ziemliches Klischee ist, so ist es noch immer faszinierend auf die vergangenen Jahre von 343 Industries zurückzublicken. Während Titel wie die Halo: The Master Chief Collection ohne Frage ein Erfolg waren, so könnte man doch meinen, dass die Liste der Fehlschläge überwiegt. Unabhängig davon, ob das stimmt oder nicht, so denken doch viele Hardcore-Halo-Fans, 343 Industries seien in der Vergangenheit nicht unbedingt sorgsam mit dem Franchise umgegangen. Aus diesem Grund muss Halo Infinite ein Volltreffer werden.

Als das vollständige Gameplay dann endlich kam und wir die Resultate millionenschwerer Investitionen Microsofts in die brandneue Slipspace-Engine sahen, fiel alles komplett flach. Auch wenn einige der Verspottungen unnötig waren, so sollte man nie die Enttäuschung euphorischer Fans unterschätzen. Und so ging 343 zurück, niedergeschlagen, zurück zum Anfang, und wurde für die nächsten zehn Monate mit Memes von Craig aufgezogen.

Gerne hätten wir 343 Industries in den vergangenen Jahren belauscht, denn ihre Reise als Studio, alles worauf sie hingearbeitet haben, endet hier. Bei Halo Infinite. Das Gewicht, welches auf dem Spiel und dem Studio lastet, ist massiv. Die Erwartungen wurden festgelegt. Nun kommt alles darauf an, ob 343 Industries ihr Dasein als Hüter von Master Chiefs Legende unter Beweis stellen kann. Also lasst uns endlich die Antwort darauf herausfinden.

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Die Halo Infinite-Kampagne (den Multiplayer haben wir uns in einem anderen Text vorgenommen) weicht auf verschiedenste Weise von den klassischen Elementen ab. Es lohnt sich also, diese erst einmal zu erklären. Zu aller erst ist die Kampagne nicht strikt linear, ganz im Gegenteil. Während sich der Chief auf Zeta Halo durch lineare, separate Missionen bewegt, erkundet er eine ziemlich offene Welt. Das Spiel präsentiert einige klassische Eigenschaften einer Open-World. Gefangene UNSC-Squads können befreit, sogenannte FOBs (Flight Operations Building) eingenommen und Infrastrukturen der Verbannten zerstört werden. Auch Waffenkammern und Belagerungswaffen können aufgespürt werden. Währenddessen gibt es die Spartan Cores zu finden, mit diesen kann Chiefs Ausrüstung auf eine Rollenspiel-ähnliche Art und Weise aufbessern. Es gibt sogar mindestens ein dutzend Semi-Bosskämpfe, durch die ihr euch mit genug Gesundheitspunkten durchprügeln könnt.

Während es also darum geht mehr über die Vorläufer-Installationen zu erfahren, mit wiederkehrenden Waffen wie die MR40 oder den Stachler ein Loch in die Verteidigung zu schießen und mehr über die Halo-Ringe, Cortanas Schicksal und die Pläne der Verbannten für Zeta zu erfahren, so wird die Erfahrung rund um den bereits bekannten Kern des Spiels deutlich ausgebaut.

Und das funktioniert zum Großteil auch gut. Die Welt von Zeta Halo wurde wunderschön in Szene gesetzt. Auch wenn sie visuell gesehen nicht die Vielfalt bietet, wie wir sie aus anderen Open-World-Titeln kennen, so können die weiten Berge, die artenreiche Tierwelt und der Weitblick oft für wunderschöne Momente und aufregende Umgebungen sorgen. Zusätzlich versorgen die besagten FOBs die Spieler mit gewissen Fahrzeugen und Waffen, sodass ihr im Grunde genommen immer auswählen könnt, wie ihr eine der Aufgaben angehen wollt. Die Diversität in Fähigkeiten wie dem Thruster, der Shieldwall, einer Reihe von Granaten, den Mjolnir Rüstungs-Upgrades, sowie dem genialen Wurfhaken, bringen zwar nicht die Geschichte voran, doch tun dem allgemeinen insgesamt sehr gut.

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Das bedeutet nicht, dass der Sprung vom linearen Design der Missionen zur Open-World-Sandbox ohne Fehler ist. Viele werden die Aktivitäten recht nichtssagend finden, sie erfinden also nicht unbedingt das Rad neu. Es ist die klassische Mischung aus hochwertigen Gegnern, Rettungsmissionen und Basis-Angriffen. Ich würde jedoch sagen, dass die Gründe dahinter, die mit der Narrative erklärt werden, recht solide sind. Es fühlt sich gut an, die Präsenz des UNSC auf Zeta Halo auszuweiten, indem wir Truppen retten und FOBs sichern. Die Verbannten zu schwächen steigert die Anzahl an Soldaten, die die Wege patrouillieren, und es verstärkt folglich auch unsere Feuerkraft, wenn wir sie brauchen. Doch es ist nicht unbedingt etwas Neues. Es hätte Infinite gut getan, mehr einzigartige, optionale Inhalte einzubauen, da diese uns zum ersten Ma die Welt von Halo aus einem anderen Blickwinkel sehen lassen.

Ungeachtet dessen ist Halo Infinite aktuell einer der knackigsten, am besten optimierten First-Person-Shooter. Sämtliche Knarren der circa 22 Waffen-großen Auswahl fühlen sich großartig an. Der Spielfluss der Kämpfe ist so ikonisch, wie noch nie zuvor. Einige Gegner aus der Ferne ausschalten, zum Nahkampf wechseln, den Wurfhaken benutzen, um zu einem Aussichtspunkt zu gelangen, eine Granate im richtigen Moment werfen, einen Gaskanister schnappen und diese auf einen entgegenkommenden Brute werfen - all das hat Kraft inne. Es gibt diesen Sinn für Fortschritt, von grundierter, jedoch flüssiger Physik und dem unglaublichen Badass-Gefühl, welches im Grunde genommen die Quintessenz von Halo darstellt. All das hat 343 auf den Punkt gebracht. Es ist eines dieser Spiele, nachdem sich andere First-Person-Shooter nicht mehr so knackig, befriedigend, optimiert anfühlen wie zuvor. Außerdem dient Halo Infinite als gutes Beispiel dafür, dass es nicht um die reine Anzahl von Mechaniken geht, die einem Spieler zur Verfügung stehen müssen. Vielmehr geht es um die sich aneinanderreihenden Sequenzen, die damit erschaffen werden können.

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Geschichtlich geht 343 dieselbe Route wie mit den vorherigen Spielen. Auf gewisse Weise lässt das Spiel einigen Ballast los, wie Spartan Locke, das Team Blau, Lasky und Dr. Halsey. Während einige Charaktere langsam neu vorgestellt werden, müssen sich andere mit Auftritten in Form von Tonbändern zufriedengeben. Es ist eine abgespeckte narrative Erfahrung, die auf einige ausgewählte Aspekte der weitreichenden Geschichte eingeht. Wenn ich sage, das Studio geht dieselbe Route wie in den vorherigen Spielen, dann meinte ich damit vor allem die fortführende Erkundung der betrügerischen, jedoch fürsorglichen Beziehung zwischen Cortana und dem Chief. Es wird mehr Fokus auf den Chief selbst gesetzt, dabei wird er immer mehr als von der Welt ermüdeter Mann porträtiert, der langsam aber sicher die Effekte der repetitiven, auf ewig andauernden Überlebenskämpfe zu spüren bekommt. Die Geschichte fühlt sich gut geschrieben an, besitzt ein gutes Tempo und viele Überraschungen, doch stets im selben Stil wie die vorherigen Ableger. Deswegen solltet ihr euch auch hier neben den Verbannten auf vage Titelbezeichnungen wie ''The Endless'', oder ''The Forge'' und ''The Key'' einstellen. Es ist und bleibt Halo, und es ist immer noch genauso gut.

Dass die Qualität der Produktion obendrauf auch noch absolut gewaltig ist, schadet dem Spiel in Sachen Stimmung und Umgebung natürlich auch nicht. Auch wenn die Slipspace-Engine nicht die Meisterklasse präsentiert, die alle anderen Engines in den Schatten stellt, so ist sie doch gut optimiert. Die Draw Distance ist atemberaubend, das Gameplay flüssig und sowohl die Filmsequenzen, als auch die visuellen Effekte, bieten viele Details. Bei Halo geht es grundsätzlich eher um den Umfang, nicht die Details. Dennoch kann ich zuversichtlich sagen, dass das Spiel sowohl hübsch anzuschauen ist, als auch flüssig läuft. Komponist Gareth Coker erschafft wahre Wunder mit dem bereits existierenden musikalischen Universum von Halo und bietet donnernde Schlagzeuge, wunderschöne Saiten und pulsierende elektronische Musik, die eine prächtige Erfahrung liefern.

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Ja, wir hätten tatsächlich gerne 343 Industries in den vergangenen Jahren belauscht, denn wahrscheinlich wussten sie schon, was sie mit Halo Infinite erschaffen haben. Es ging um Leben und Tod, um ihr Recht darauf, die berechtigten Verwalter des Franchise zu sein. Nach hunderten von Millionen Dollar und etlichen Jahren Arbeit stehen wir nun hier - Halo Infinite ist ein wahrhaftiger Erfolg, ein heldenhafter Entwicklungsaufwand und eine ebenbürtige Fortsetzung für eine Serie, die eine Fortsetzung verdient. Auch wenn die familiären Open-World-Tätigkeiten für einige vielleicht zu familiär sein werden, so besitzt es ein tolles Tempo, eine berührende Geschichte, knackiges Gameplay und eine passende Ästhetik. Hoffentlich gilt dies für jeden als Erinnerung daran, dass der Chief genau da ist, wo er sein sollte.

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09 Gamereactor Deutschland
9 / 10
+
hochwertige Gesamterfahrung mit abgerundeter Optimierung, starke Gameplay-Spirale
-
Open-World-Design ist etwas zu unaufgeregt. Vorwissen nötig.
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

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