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Gears Tactics

Gears Tactics

Nachdem sich Halo in ein Strategiespiel verwandelt hat, ist Gears of War an der Reihe. Wir haben uns angesehen, was Splash Damage dem Genre hinzufügen kann.

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Gleich als Gears Tactics angekündigt wurde, haben sich viele von uns gefragt: "Warum?" Mir ging vor allem die Frage durch den Kopf, warum es das nicht schon früher gab? In Gears of War dreht sich alles um die Deckung und das gilt ja auch für Spiele wie Xcom - die Mischung aus beidem klingt also erst einmal super. Glücklicherweise hat sich Splash Damage einiges mehr vorgenommen, als Firaxis' Game im eigenen Universum zu kopieren und mit dem Ergebnis sind wir sehr zufrieden.

Sie wollten mit dem Konzept experimentieren und etwas Neues probieren. Entstanden ist ein Strategiespiel, das viel mehr Möglichkeiten bietet, als wir es bisher in solchen Spielen gewohnt sind. Bislang konnten wir in diesem Genre meist nur entscheiden, ob wir laufen, schießen oder doch lieber hockenbleiben wollen, was jedoch die wertvollen Bewegungspunkte verschwendet. In diesem Spiel haben die Charaktere pro Zug drei Aktionen zur Verfügung und damit mehr als genug Kombinationsmöglichkeiten.

Warum müssen sich diese die Charaktere immer auf ein Gitternetz bewegen, wenn sie sich genauso gut frei bewegen könnten? Und warum sollten sie nur einmal schießen können, wenn sie sich mitten in einem Feuergefecht befinden? Und vielleicht ist ein kaltblütiger Ansturm mit dem Retro Lancer auf eine Gegnergruppe die Lösung, um mit Sicherheit mindestens einen Gegner permanent auszuschalten und unseren Teamkameraden somit jeweils einen zusätzlichen Aktionspunkt zu verleihen?

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Die Geschichte wird hauptsächlich durch wunderschöne Zwischensequenzen erzählt.

Die Xcom-Spiele sind großartig, aber jede kleine Entscheidung in Gears Tactics stellt uns vor eine überwältigende Auswahl an Optionen. Ein wichtiges Feature ist die Overwatch-Funktion, damit können wir unsere Aktionspunkte für die gegnerische Runde aufsparen. Abhängig von unserer Waffe lässt sich damit ein Sichtkegel in eine bestimmte Richtung abdecken und somit überwachen. Jeder Gegner, der in diesen Sichtbereich tritt, kann beschossen werden - solange wir noch Aktionspunkte übrig haben.

Die Gegner sind aber nicht allzu scharf darauf, durch unser Overwatch-Areal zu laufen, außerdem können sie uns die gleiche Medizin verpassen und selbstständig Gebiete blockieren. Durch ein Tor zu laufen, auf das zwei oder drei Gegner mit Mörsern feuern, ist reiner Selbstmord, was also tun? Nun wir könnten den Beschuss provozieren, Gegner einschüchtern und sie damit den Überblick verlieren lassen oder vielleicht klappt eine gut geworfene Granate...

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Ihr ahnt vielleicht schon, wie weit diese Ideen reichen. In Gears Tactics haben wir einen größeren Fokus auf Entscheidungsmöglichkeiten, als wir ihn in anderen, ähnlichen Spielen vorfinden. Ich habe schnell die Bedeutung von Präsident Eisenhowers Zitat lernen müssen, der einmal sagte: "Jede Schlacht wird dich überraschen. Kein Plan überlebt den ersten Kontakt mit dem Gegner."

Das bedeutet, dass sich jeder noch so ausgefeilte Plan in Luft auflöst, wenn wir plötzlich auf unvorhergesehene Gegenwehr stoßen oder etwas entdecken, mit dem wir nicht gerechnet haben. Oft können wir nur einen kleinen Teil der überraschend großen Gebiete sehen und schlicht nicht einschätzen, was uns außerhalb des Sichtkreises unserer Figuren erwartet. Genau das macht einen großen Teil des Charmes aus, auch wenn es gleichzeitig zu den wenigen Schwächen des Spiels gehört.

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Das Levelsystem im Spiel funktioniert sehr gut und erlaubt es uns, verschiedene Fähigkeiten und Geräte schnell und einfach anzupassen.

Manchmal fühlt es sich einfach ein wenig billig an, wenn plötzlich ein Haufen Gegner an einen Ort transportiert wird, der für meine Gears eher suboptimal ist. Das mag Teil der Herausforderung sein, es wirkt aber häufig eher wie schlichtes Pech und nicht wie Planung, die ich verbessern könnte, wenn wir in solchen Situationen draufgehen. Auf dem normalen Schwierigkeitsgrad ist das Spiel aber zugegeben auch nicht allzu hart.

Die meiste Zeit profitieren die Kämpfe außerdem von dieser Unvorhersehbarkeit und ich hatte einige der spannendsten Momente, wenn mein schon halbtotes Team aus hoffnungslosen Situationen doch noch siegreich hervorging. Wer wirklich aufs Ganze gehen will, sammelt auf dem Schlachtfeld noch Waffen und Rüstungsteile ein, allerdings nimmt der Umweg Zeit in Anspruch, was unseren Gegnern natürlich weitere Gelegenheiten bietet, auf uns zu feuern. Alle Missionen haben Nebenziele mit Zeitlimit (oder besser "Zuglimit") und wer alles einsammeln und trotzdem noch rechtzeitig die Hauptaufgaben bewältigen will, wird unweigerlich in Zeitnot geraten.

Zwischen den Leveln kümmern wir uns um unsere Krieger, die zu einer von fünf Klassen gehören. Manche Kämpfer finden wir unterwegs, andere sind Schlüsselfiguren, die auf jeden Fall dabei sein müssen. Darunter natürlich Titelstar Gabe Diaz, der Vater von Kait aus Gears 5. Es gibt viele Gelegenheiten den Look und die Loadouts anzupassen und mit dem Levelaufstieg schalten wir weitere Möglichkeiten frei, um die Kämpfer nach unseren Wünschen zu verändern. Manchmal ist das schon fast zu viel des Guten.

Oft hatte ich nämlich das Gefühl, dass die gefundene Beute zu wenig ändert. Ein Visier, das die Wahrscheinlichkeit für kritische Treffer um fünf Prozent erhöht, ist zwar toll, es verändert das Gameplay aber nicht wirklich. Man verbringt zu viel Zeit damit, im Menü alte Ausrüstung gegen neuen Krempel auszutauschen, deshalb wäre hierbei weniger wahrscheinlich mehr gewesen. Der Skillbaum mit seinen freischaltbaren Fähigkeiten funktioniert jedoch gut.

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In den Schlachten fehlen uns die klassischen Gitter nicht. Wir können unsere Truppen frei bewegen und den verfügbaren Schutz nutzen.

Bisher haben wir nur aus der Gameplay-Perspektive über Gears Tactics gesprochen, denn das steht in diesem Genre ziemlich im Mittelpunkt (auch Fans von Xcom lieben das Spiel nicht unbedingt für seine tolle Story). Uns konnte Splash Damages neues Spiel aber selbst in diesem Aspekt überraschen. Die Handlung spielt zwölf Jahre vor dem ersten Gears of War und das macht einen großen Unterschied aus. Das erste Gears bot eine mächtige postapokalyptische Welt, doch in Tactics befinden wir uns noch mitten in der Apokalypse.

Es herrscht Krieg und Gabe Diaz sowie Sid Redburn müssen Ukkon aufhalten. Der böse Bube ist der Anführer und Wissenschaftler, der all die - häufig bis an die Zähne bewaffneten - Locust-Kreaturen erschaffen hat. Es wird also Zeit, diesem Herrn mit der Kettensäge ein Ende zu bereiten. Und ich sage euch, das fühlt sich echt gut an, wenn man die anderen Titel gespielt hat. Wir wollen euch den Spaß natürlich nicht verderben, aber diese Geschichte ist ganz sicher kein Füllmaterial. Gears-Fans werden es lieben und die interessante Geschichte wird durch coole Zwischensequenzen unterstützt. Die langen, zusammenhängenden Missionen bauen das Universum zusätzlich aus.

Die Grafik ist allgemein hochwertig, wenn wir sie denn genießen dürfen. Oft zoomen wir soweit aus dem Schlachtfeld heraus, dass man kaum mehr etwas erkennen kann. Außerdem wird das Geschehen auf dem Bildschirm oft vom HUD verdeckt, was in dem Genre natürlich seine Richtigkeit hat, aber auch etwas Potential verschwendet. Sobald etwas Spektakuläres passiert, fährt die Kamera jedoch meist näher heran und zeigt uns Kettensägenmassaker und Enthauptungen aus intensiveren Perspektiven. Der Sound hätte ein wenig mehr Dampf vertragen können, denn dafür ist die Gears-Reihe ja eigentlich bekannt.

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Die Herausforderung fühlt sich etwas geringer an, als der Genre- Standard, was vernünftig erscheint, da viele Gears-Fans wahrscheinlich nicht an das Genre gewöhnt sind.

Wenn ihr Gears of War mögt, dann dürfte euch Gears Tactics ebenfalls gefallen. Ihr werft Granaten in Alien-Nester, es gibt adrenalingeladene Dialoge und wir treffen auf Endgegner, die einem Horrorfilm entsprungen sein könnten. Wir stoßen auf bekannte Gegner, Waffen, Ausrüstung und vieles mehr. Das ist wirklich Gears of War und es fühlt sich mehr nach der Original-Trilogie an, als Teil vier oder fünf - und ja, mir ist klar, dass es ein Strategiespiel ist und kein Action-Game.

Hut ab für Splash Damage, die echte Ambitionen für Gears Tactics hatten und sich nicht nur auf der Popularität der Marke ausruhten. Das Resultat ist ein Spiel bei dem jeder Zug Spaß macht und es immer viele unterschiedliche Möglichkeiten gibt - was langfristig auch große Auswirkungen auf zukünftige Spiele dieses Genres haben könnte. Es gibt weniger gut eingebundene Elemente, wie etwa die unvorhersehbare Platzierung einiger Truppen und die viele Zeit, die wir zwischen den Missionen in Menüs verbringen, aber insgesamt ist es ein Spiel, das wir Gears- und Strategie-Fans gleichermaßen empfehlen möchten.

08 Gamereactor Deutschland
8 / 10
+
hervorragendes Karten-Layout, Kämpfe auf engstem Raum, ziemlich herausfordernd, großartige Präsentation, gut geschriebene Geschichte, geringe Leistungsanforderungen, frische Spielideen.
-
Sound manchmal goofy, Mikromanagement.
overall score
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