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Dragon Quest XI: Echoes of an Elusive Age

Dragon Quest XI S: Streiter des Schicksals - Definitive Edition

Mit Dragon Quest 11 beweist Square Enix erneut, dass die Switch die perfekte Plattform für JRPGs ist.

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Die Dragon-Quest-Reihe stammt zu einem großen Teil aus seiner Feder von Yuji Horii, so auch die neueste Ausgabe Dragon Quest XI: Echoes of an Elusive Age. Die japanische Entwicklerlegende ist ein großer Befürworter der stillen Protagonisten und dank seines Einflusses stehen uns in den Hauptablegern der Serie seit jeher Charaktere zur Seite, die für uns das Wort ergreifen und stellenweise sogar die Führung übernehmen. Viele fernöstliche Entwickler haben sich dieser Idee über die Jahre angenommen und stellen uns Figuren vor, die in ihrem großen Abenteuer häufig nur die zweite oder dritte Geige spielen - um in der nächsten Schlüsselszene mit ihren besonderen Fähigkeiten erneut in den Vordergrund zu treten.

PlatinumGames haben das erst kürzlich mit Astral Chain versucht, auf diesem Wege allerdings nicht alle Spieler von sich überzeugen können. Eigentlich soll diese Herangehensweise Spielern dabei helfen, leichter in die Figur hineinzuschlüpfen. Dem Helden wird die Persönlichkeit überhaupt erst entrissen, damit ein neutraler Beobachter das leere Gefäß mit seiner eigenen Persönlichkeit füllen kann - das ist der Grundgedanke hinter diesem Konzept. Warum das manchmal besser oder schlechter klappt, das ist ein interessanter Gedanke, der mich beim Spielen von Dragon Quest XI S: Streiter des Schicksals - Definitive Edition (der Nintendo-Switch-Version von DQ11) ständig umhertrieb.

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Dragon Quest XI: Echoes of an Elusive AgeDragon Quest XI: Echoes of an Elusive Age
Dieses bunte und oftmals fröhliche JRPG eignet sich perfekt für jeden, der tiefer in das Genre einsteigen will.
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Dragon Quest XI ist vielleicht das klassischste JRPG, das ich jemals gespielt habe. Aus meiner Sicht hat es große Probleme damit, wichtige Entwicklungen mit dem entsprechenden Gewicht zu versehen, was seltsam losgelöst wirkt. Wir erfahren nach unserem ersten Abenteuer beispielsweise, dass wir ein auserwählter Held sind, der die Welt vor einem mächtigen Unheil bewahren soll. Dragon Quest XI entscheidet sich dazu, uns diese wichtige Erkenntnis zwischen Tür und Angel nahezubringen - in der Küche unserer Ziehmutter, während unsere Jugendfreundin gerade vorbeischaut. Dieses sehr frühe Beispiel zeigt bereits, mit welcher Aufregung Square Enix ihr neues Dragon Quest erzählt, die Japaner verschwenden wirklich keine unnötige Zeit...

Die Geschichte hält trotz des gehetzten Tempos ihre kleinen Überraschungen und Wendungen bereit, und die verfehlen ihre Wirkung auch nicht. Während wir aufbrechen und mehr Verbündete für unsere Party gewinnen, kommen wir an fantastischen Schauplätzen vorbei, die durch die Bank weg großartig inszeniert werden. In den ersten zehn Stunden sehen wir japanische Tempel, traumhafte Inselparadiese und einen geschäftigen Wüstenbasar - Dragon Quest XI: Echoes of an Elusive Age mangelt es nicht an fantastischen Orten oder Ideen, diese miteinander zu verbinden.

Unsere liebenswürdigen Begleiter schleifen uns von einer Aufgabe zur Nächsten, es ist ein wahrer Rausch. Wir reiten durch weite Gebiete mit endlosen Monsterhorden (die wir im Vierergespann nach rundenbasierter Art vermöbeln), segeln irgendwann über das Meer und erobern den Kontinent schlussendlich auch aus der Luft heraus. Nichts davon kommt überraschend, vielmehr wird es quasi vorausgesetzt, schließlich befinden wir uns auf einem magischen Abenteuer und müssen die Welt vor dem ultimativen Bösen retten. Die Tragweite unserer Aktionen wird lange Zeit nicht wirklich klar und das darf man der unaufgeregten Präsentation des Spiels durchaus ankreiden. Tatsächlich fühlte es sich jedoch überraschend gut an, noch einmal all die gesammelten Eindrücke Revue passieren zu lassen, die man auf seiner Reise gewinnt. Unterschiedliche Landschaften, fantastische Bosse jeglicher Couleur und aberwitzige Situationen gehören zu Dragon Quest dazu und der elfte Teil ist deshalb eine tolle Erfahrung, die sich insbesondere für diejenigen Spieler lohnt, die neu ins Genre einsteigen wollen.

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Dragon Quest XI: Echoes of an Elusive AgeDragon Quest XI: Echoes of an Elusive Age
Der Auserwählte gibt während der gesamten Reise kaum einen Mucks von sich, zum Glück kommen seine treuen Gefährten immer mit schlauen Ratschlägen um die Ecke.

Umso mehr (und damit kommen wir nun endlich zum eigentlichen Grund dieses Textes) weil das Game bald auf der Switch bereitsteht. Neuerdings trägt das Spiel im Titel den Beinamen "Definitive Edition" und das ist ein erster Hinweis auf die neuen Inhalte und Überarbeitungen, die Square Enix seit der japanischen Erstveröffentlichung im Sommer 2017 vorbereitet hat. Die grundlegendste Neuerung ist ein kompletter 2D-Modus, der alte Fans und Nostalgiker ansprechen soll. Statt den simplen, aber effektiven 3D-Grafiken erleben wir das komplette Abenteuer damit im zweidimensionalen Pixel-Charme. Nicht alle Situationen konnten eins zu eins übernommen werden, weshalb das Abenteuer im 2D-Stil etwas an seiner visuellen Inszenierung einbüßt, dafür wurden häufig genug äquivalente Veranschaulichungen gefunden, die die Situation passend wiedergeben. Es ist offengestanden überraschend, wie viel Aufmerksamkeit in diese Komponente geflossen ist.

Beim rundenbasierten Kampf stehen uns viele Optionen zur Verfügung. Noch immer können wir die verschiedenen Charaktere selbstständig agieren lassen oder für sie entscheiden und damit das Maximum aus den Gefechten herausholen. Die Geschwindigkeit der Animationen kann mittlerweile angepasst werden, was im Laufe des Abenteuers einiges an Zeit einspart - man kämpft außerhalb der Städte und in Dungeons nämlich sehr viel. Der Schwierigkeitsgrad von Dragon Quest XI: Echoes of an Elusive Age ist ein bisschen unausgeglichen, weil die Bossgegner am Ende eines Gebiets deutlich herausfordernder sind, als das Kleintier auf dem Weg dahin. Da man nie weiß, wann man das XP-Grinden sein lassen kann und Speicherpunkte manchmal nicht sehr nahe liegen, kann ein unglücklicher Tod frustrierend sein. Viele Bosse setzen bestimmte Herangehensweisen oder Team-Kombinationen voraus, damit muss man sich ebenfalls arrangieren. Dass alle Partymitglieder automatisch mitleveln und wir sie auch innerhalb eines Kampfes austauschen können, hilft dabei aber sehr. Trotzdem solltet ihr bereit sein, ab und zu noch eine weitere Runde durch den Dungeon zu drehen, um den Kerkermeister direkt beim ersten Treffen zu überwinden.

Auf der Switch gibt es übrigens noch weitere Modifikatoren für den Schwierigkeitsgrad, allerdings machen all diese Optionen das Spiel nur schwieriger und zeitaufwändiger. Wahre Puristen schauen sich die Einstellungen des "Draconian Quests" an, der es uns wahlweise verbietet, in Shops neue Ausrüstung zu kaufen oder gar welche zu tragen... Das kann man mal ausprobieren und ist sicher auch lustig, um vor den eigenen Kumpels damit anzugeben, aber wer hat bitte so viel Zeit? Ihr könnt diese Einstellungen an jedem Speicherpunkt in der Welt ändern, sobald ihr die Nase voll habt.

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Die klassische Heldenreise von Dragon Quest lässt keinen Fantasy-Trope aus, Square Enix gibt sich jedoch bei all diesen Themen große Mühe.

Gespielt habe ich Dragon Quest XI S: Streiter des Schicksals - Definitive Edition vor allem im Handheld-Modus, denn dafür ist das Game wie geschaffen. Die scharfe Auflösung der PS4 packt der Hybrid nicht (auch nicht im Dock), aber der Bildschirm der Switch verzeiht eben viele grafische Ungereimtheiten, die erst später auf den Screenshots wieder auffallen. Die sich langsam drehende Kamera ist deshalb noch das Eheste, was auf die geringere Rechenpower hindeutet - zum Start der Switch Lite kann man den Titel auf jeden Fall guten Gewissens mitnehmen. Einmal ist mir das Spiel abgeschmiert - das ist mir noch nie zuvor auf der Switch passiert - ansonsten habe ich keine Probleme bemerkt. Dragon Quest ist sehr bunt und fröhlich, man muss sich aber auf den Stil einlassen.

Bleiben wir beim Audiovisuellen, denn bei der Musik hat sich ebenfalls einiges getan. Nicht alle Fans waren von den synthetischen Klängen des Original-Soundtracks von DQ11 überzeugt, deshalb hat das Symphonieorchester aus Tokyo die Musik vom Komponisten Koichi Sugiyama komplett neu aufgenommen. Das ist viel Aufwand, der quasi optional angeboten wird (die Original-Tonspur ist nämlich noch enthalten) - ein unglaublicher Mehrwert für Fans. Vertont ist Dragon Quest XI S übrigens in Japanisch und Englisch. Wie stolz das Game auf seine Musik ist, das bekommen wir noch immer regelmäßig in ausladenden Zwischensequenzen zu hören. Schließen wir einen Quest ab oder erhalten neue Begleiter, friert das Spiel gerne mal eine halbe Minute ein, bis die Melodie ausgeklungen ist. Das passiert nicht so häufig, mich verwirrt es trotzdem jedes Mal sehr.

Ebenfalls eine fantastische Dreingabe ist das Tickington-Dorf, das aus der nur in Japan erhältlichen 3DS-Version von Dragon Quest XI stammt. Dort erwartet Fans eine regelrechte Reise in die Vergangenheit, da insgesamt 25 Missionen im 2D-Look früherer Dragon-Quest-Episoden "nachempfunden" wurden. Wir betreten mit unserer aktuellen Truppe Areale, die an Dragon Quest I bis X angelehnt sind und müssen ein bestimmtes Ziel erreichen, woraufhin wir neue Ausrüstung erhalten. Das Ganze wird nett in einen narrativen Rahmen eingebunden und ist insgesamt charmant umgesetzt worden. Die Gebiete müssen zuerst freigeschaltet werden, indem uns kleine Geisterwesen in der Spielwelt das dazugehörige Zauberwort verraten. Wer sich gut umschaut, wird auf diesem Wege für seine Neugier belohnt.

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Dragon Quest XI: Echoes of an Elusive AgeDragon Quest XI: Echoes of an Elusive Age
Dragon Quest XI: Echoes of an Elusive Age ist eines der klassischsten Rollenspiele aller Zeiten.

Komfortfunktionen haben sich in Dragon Quest XI S: Streiter des Schicksals - Definitive Edition ebenfalls eingeschlichen. Beispielsweise können wir nun über die Plus-Taste ein Shortcut-Menü mit den wichtigsten Funktionen aufrufen und dadurch beispielsweise sofort die Pferdeglocke aktivieren, um zu reiten. Solche Dinge fallen insgesamt natürlich kaum ins Gewicht, aber es ist trotzdem sehr schön, dass sich jemand darüber Gedanken gemacht hat. Zudem gibt es den Fotomodus aus der PS4, interne Erfolge und wir können uns allerhand Statistiken anzeigen lassen. Wie gesagt, vieles davon fällt gar nicht auf, aber in ihrer Gesamtheit macht es eben doch den Unterschied zwischen einem einfachen Port und der definitiven Erfahrung eines Spiels.

Denn genau das ist Dragon Quest XI S: Streiter des Schicksals - Definitive Edition auf der Switch. Es ist ein relativ unaufgeregtes Spiel mit großer Tragweite, das mit neuen Inhalten, deutlichen Verbesserungen gegenüber der Ausgangsversion und schlauen Optimierungen für die neue Plattform ausgeliefert wird. Vieles an Dragon Quest XI erinnert mich an Ni no Kuni II: Schicksal eines Königreichs. Doch im Gegensatz zu Evan, den ich im Verlauf seines Abenteuers sehr in mein Herz geschlossen habe, störe ich mich immer wieder am zwanghaft charakterlosen Auserwählten aus Dragon Quest, der einfach nicht der Anker sein darf, der mich im Spiel hält und dahin zurückholt. Und obwohl seine illustre Truppe und die charmante Spielwelt viele Überraschungen für mich bereithalten, konnte ich nur wenige Gründe finden, dieses Abenteuer zu einem wahren Ende zu führen.

08 Gamereactor Deutschland
8 / 10
+
fantastisches Abenteuer mit vielen tollen Ideen, bunte Spielwelt und Charaktere, schlaue Überarbeitungen und Komfortfunktionen, 2D-Modus und zusätzliche Inhalte für alte Fans, Performance zufriedenstellend.
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stummer Protagonist, Spielverlauf ist fast zu reibungslos. Es ist schwierig, das Niveau der Bosskämpfe vorher abzuschätzen.
overall score
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