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Deepak Chopra's Leela

Deepak Chopra's Leela

Entspannung suchen sicher viele in Videospielen, ob über den Aggressionsabau in den so beliebten Shootern, beim Tunnelblick auf der Rennpiste oder während der epischen Reisen in den offenen Welten der Rollenspiele. Aber Deepak Chopra's Leela für Kinect meint es mit der Entspannung wortwörtlich: Spielen, Atemübungen und Meditation.

Der Bestseller-Autor und Arzt Deepak Chopra verkauft seine Lebenshilfe- und Gesundheitsbücher wie geschnitten Brot, war langjähriger Freund von Michael Jackson und ist Preisträger des großartigen lg-Nobelpreises. Das ist eine Art Anti-Nobelpreis für absurde, pseudowissentschaftliche Entdeckungen.

Ein Promi-Guru, der fragwürdige Theorien über Quantenmystizismus mit buddistischem Einschlag verkündet und denkt, wir könnten uns auf die Reise zu unserem inneren Ich machen, in dem wir unsere Unterhaltungselekronik im Wert von knapp tausend Euro und dem Stromverbrauch eines indischen Dorfes anwerfen? Ein wenig Skepsis scheint hier angebracht zu sein und so habe ich mich mit relativ starkem sonntäglichen Kater auf die Suche nach innerer Ruhe und Entspannung gemacht und muss zugeben, dass ich trotz meiner Vorbehalte überrascht war.

Als erstes fällt einem die wirklich gute Menüführung mit der Kinect-Steuerung auf. Das Navigieren durch die einzelnen Optionen ist sehr intuitiv und angenehm. Deepak Chopra's Leela ist in drei Bestandteile gegliedert. Es stehen sieben verschiedene Spiele, der Meditationsteil und eine Sektion für Atemübungen zur Auswahl. In den Spielen, die sich an den sieben Chakren orientieren, gibt es keine Highscores, keinen Zeitdruck und keine Videospieltode. Natürlich kann man scheitern, aber das heißt hier nur, dass man keine Fortschritte macht und alles einfach ewig dauert.

Deepak Chopra's Leela
"Quelle" ist ein sehr schöner Level, der auch in den Meditationsübungen wieder auftaucht

Die Steuerung wird mit minimalen Bewegungen des Körpers ausgeführt und ist absolut einzigartig unter den bisher erschienenen Kinect-Spielen. Kleine Bewegungen mit dem Kopf, den Schultern oder nur leicht die Hüfte verdrehen und lässige Unterarmbewegungen reichen in Deepak Chopra's Leela völlig aus, um zum Ziel zu kommen. Das Spiel ist wirklich das erste Kinect-Spiel, das man so lange am Stück spielen kann wie man mag, ohne durch übertriebene, anstrengende und extremen Muskelkater auslösende Wiederholung der ewig gleichen Körperbewegungen zur Kapitulation gezwungen zu werden.

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Die einzelnen Spiele sind abwechslungsreich, stellen aber teilweise auch die Geduld auf eine starke Probe. Und das der gute Deepak nach eigenen Angaben die Ideen zu den Spielen in seiner psychedelischen Experimentierphase als Medizinstudent hatte, ist unübersehbar. Jedes der sieben Spiele ist in sieben Level gegliedert und wird mit einem kleinen Tutorial eingeleitet. Mit dem Erreichen des vierten Levels wird das nächste Spiel freigeschaltet.

In Quelle rotieren wir einen Planeten mit Hilfe von Hüftbewegungen um seine Achse und können so bestimmen, an welcher Stelle die aus dem inneren sprießenden Pflanzensamen die Oberfläche durchbrechen. Die Bäume und Pilze müssen unter Regenwolken gewässert werden und der Sonne oder dem Mond zugedreht werden, um nach und nach den Planeten zu begrünen. Im Laufe der Missionen kommen immer mehr Elemente dazu. Meteore formen Berge, die Regenwolken erzeugen. Das sieht sehr schön aus und ist extrem entspannend, aber auch keine Herausforderung, da man nichts falsch machen und höchstens an möglichst ökonomischen Rotationen des Planeten feilen kann.

Deepak Chopra's Leela
Bei "Intuition" ist es mit der inneren Ruhe schnell vorbei

Leben ist eine Art Snake-Variante, in der wir gleichfarbige Formen mit unserem Cursor-Wesen verbinden müssen. Durch das Einsammeln von Plankton werden längere Verbindungen möglich. Insgesamt ist das eher eines der langweiligeren Spiele, dass die Geduld auf eine starke Probe stellt, da die Fortbewegung extrem langsam und die Steuerung nicht optimal ist.

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Macht ist das einzige Spiel, in dem Schüsse abgefeuert werden. Mit beiden Händen halten wir einen Feuerball vor uns, den wir durch Loslassen abfeuern. Vor uns befindet sich eine bewegliche Erzwand, aus der wir Kristalle freischießen können. Mit unseren Schüssen verhindern wir, dass die Kristalle unten in der Lava versinken. Nach mehreren Treffern zerplatzen sie und füllen eine Energieleiste. Ist diese Leiste komplett gefüllt, haben wir die Stufe geschafft. In den späteren Missionen sinkt auch die Erzwand in die Lava und für jeden versunkenen Brocken wird Energie abgezogen und das Ernten der Kristalle wird schnell hektisch oder zur unendlichen Aufgabe.

In Liebe müssen wir Energie mit Hilfe von Luftströmen von der Erde zum Himmel und zurück leiten. Das funktioniert eigentlich nach dem Doodle Jump-Prinzip. Nach und nach kommen noch horizontale Strömungen und negative Energie dazu, die einem das Leben schwer machen. Doodle Jump macht mehr Spaß.

Deepak Chopra's Leela
Kettenreaktionen in "Harmonie" auszulösen hat hohes Suchtpotenzial, obwohl es kaum eine Herausforderung darstellt.

Von Harmonie hätte ich definitiv gerne mehr als sieben Level gehabt. Hier geht es darum, Energie mit Hilfe von Kettenreaktionen aufzufüllen. Mit einer kleinen Handbewegung können wir eine Welle von unserem Planeten zu dem uns umkreisenden Mond schicken, der dann selbst eine kleine Welle auslöst, mit der wir kleine Kometen explodieren lassen, die wiederum kleine Wellen auslösen. Das bringt viel Spaß, sieht schick aus und obwohl auch hier nichts schiefgehen kann, bleibt man auf dem netten kleinen Spiel kleben.

Intuition ist das absolute Gegenteil von Entspannung und scheint dazu gemacht sein, einen in den Wahnsinn zu treiben oder Geduld einzubläuen. Mit leichter Körperbewegung steuern wir eine Art Schiff in einer achteckigen Röhre und müssen gleichfarbige Icons einsammeln, um den Tunnel komplett zu erleuchten. Die Tunnelwände bilden quasi acht Bahnen auf denen wir unterwegs sind.

Die farbigen Icons tauchen immer wieder in regelmäßigen Mustern auf und die Steuerung ist gut gemacht, aber erfordert wirklich minimale Bewegungen und das Schiff wird bei zu hektischen Bewegungen unkontrollierbar. Sammeln wir versehentlich eine andere Farbe als die ursprünglich von uns gewählte auf, wird uns etwas Energie abgezogen. Später kommen hier noch Felder mit negativer Energie hinzu, die unseren Energiebalken bei Berührung wieder komplett löschen und uns entgültig die Zornesröte ins Gesicht treiben. Ein nettes, aber auch forderndes Spiel, dass aber aus dem Rahmen fällt, da es das absolute Gegenteil von Entspannung verursacht und eher Wutanfälle auslöst.

Deepak Chopra's Leela
Vor den Bilderwelten des Spiels bekommen wir bei der Meditation mit ruhiger Stimme Grundtechniken des Atmens erläutert

Das letzte Spiel ist Einheit. Hier steuern wir ein kleines Schiff in einem unendlichen Modus durch Tore. Die Steuerung ist interessant gelöst, da man das Schiff mit beiden Unterarmen steuert, aber leider bewegt sich das Schiff viel zu langsam - das eindeutig schwächste Spiel.

Alle Spiele lassen sich sowohl einzeln auswählen als auch in vorgegebenen Sequenzen aus mehreren Level spielen. Die Steuerung hat wirklich innovative Elemente und die meisten Spiele sind schön zu spielen und haben durch die Verbindung von Optik und Sound eine angenehm entspannende Wirkung, wobei allerdings das Artwork der unterschiedlichen Spiele etwas einheitlicher hätte ausfallen können. Nebenbei erläutern Deepak und eine Frau im Off mit ruhiger Stimme die Spiele oder Einzelheiten zu den Chakren. In Verbindung mit Kinect erzeugt das eine futuristische Grundstimmung, so dass man denken könnte, es wäre eine Minispielsammlung von Deus Ex oder das Propagandamaterial einer futuristischen Sekte. Der Sound in den Spielen und Menüs ist sphärisch und unterstützt die Wirkung gut, aber es gibt auch Aussetzer, bei denen man sich fragt, wieso jetzt gerade eine Coverversion der Alf-Titelmelodie läuft.

Der Meditationsabschnitt ist kein Videospiel im eigentlichen Sinn, sondern eher eine Meditations-DVD. Vor den Bilderwelten des Spiels bekommen wir mit ruhiger Stimme Grundtechniken des Atmens erläutert und können an verschiedenen, geführten Meditationen teilnehmen. Ich habe keinerlei Vorerfahrung mit Meditation, fand es aber als Einführung zumindest nett und konnte eine erstaunliche Wirkung wahrnehmen, aber vielleicht habe ich auch einfach nur hyperventiliert. Normalerweise konzentriere ich mich nämlich nur beim Rauchen auf meine Atmung.

Die Atemübungen können tatsächlich noch mit Kinectunterstützung verfeinert werden, denn wenn man nicht zu weite Kleidung trägt, kann der Sensor selbst die Atembewegung visualisieren, was wirklich erstaunlich ist. Das ist natürlich nur ein Gimmick, wie auch das Orakel, dass dieses nette, innovative Spiel allerdings wirklich nicht verdient hat. Denk an eine Frage, beweg deine Hand über eine Farbe und du bekommst eine nichtssagende, generische Antwort. Hilfe, ich werde in einer Glückskeksfabrik gefangengehalten, holt mich hier raus!

Deepak Chopra's Leela ist ein überraschendes Spiel, das auch die Interaktion mit Hilfe von Kinect auf eine neue Stufe hebt. Es ist nicht unbedingt als Tech-Demo für das Gadget von Microsoft geeignet und auch kein Partyspiel. Es ist eher eins für danach, denn mein grauenhafter Kater war wie weggeblasen und ich habe mich glücklich gefühlt wie nach einem guten indischen Essen.

08 Gamereactor Deutschland
8 / 10
+
Toller Einsatz von Kinect, wirkt tatsächlich entspannend, Kinect ohne Muskelkater
-
teilweise harte Geduldsproben, stark schwankender Schwierigkeitsgrad, uneinheitliches Artwork der einzelnen Spiele, manchmal zu viel Gehirnwäsche,
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

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KRITIK. Von Ingo Delinger

Ein überraschendes Spiel, das Entspannung liefern will mit einer Mischung aus Minispielen und Bewusstseinspropaganda.



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