Das erste Mal, das Intro von Cloudberry Kingdom zu sehen - oder wahlweise auch den Trailer weiter unten - ist ein ziemlicher Schock. Mein erster Gedanke war: "Dieses Spiel wirkt unglaublich schwer!" Wie sich herausstellt eine Untertreibung. Cloudberry Kingdom wirkt wie unser schlimmster Albtraum. Wir müssen durch eine Flut von Laserstrahlen, gigantischen Sägeblättern und fliegenden Felsbrocken. Dieses Spiel fordert uns alles ab - Genauigkeit, Timing und ein gewisses Maß an Übermut.
Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Denn selbst wenn wir zu denen gehören, die es ohne Tod im Speedrun durch Super Meat Boy schaffen, werden wir in Cloudberry Kingdom eine Herausforderung finden. Aber das wirklich Besondere ist: Gehört wir nämlich nur zu den Normalsterblichen, wird der Schwierigkeitsgrad entsprechend herunter geschraubt. Das Spiel ist tatsächlich erstaunlich. Alle Welten werden zufällig generiert und der Schwierigkeitslevel stetig angepasst. Theoretisch eröffnet das Spielern unendliche Möglichkeiten - und in der Praxis habe ich in diesem Spiel nichts gefunden, dass der Theorie widersprechen würde.
Die Geschichte dreht sich rund um den schäbigen, kleinen Helden Bob, der versucht seine Prinzessin vor dem machthungrigen König zu retten. Das ist inhaltlich schon recht dünn, aber übermittelt wird das bisschen dann auch nur durch das Intro und einige wenige Zwischensequenzen. Ganz deutlich wird deshalb schon von Beginn an, dass in Cloudberry Kingdom das Spielen im Vordergrund steht und die besonderen Spielmechaniken den Ton angeben.
Jedes Level fährt reihenweise Hindernisse auf, an denen wir Bob unbeschadet vorbei steuern müssen. Wie bei alten, klassischen Jump'n'Runs verschwinden die Blöcke, auf denen wir uns bewegen, wenn wir zu lange warten. Immer wieder müssen wir uns deshalb selber Mut zu reden, um an den Feuerbällen, schwingenden Klingen, tödlichen Blöcken und Laserstrahlen schnell vorbei zu kommen.
Schwer ist das vor allem, weil oft richtiges Timing gefragt ist. Unmöglich ist es aber nie. Die zufällig generierten Welten sind für gewöhnlich so zusammengesetzt, dass man sie in einem schnellen und ununterbrochenen Lauf absolvieren kann. Und den zu schaffen, ist gleichzeitig die beste Strategie. Auf der gesamten Strecke finden sich zusätzlich Kristalle, die viele Punkte bringen. Finden wir alle, gibt es noch einen ordentlichen Bonus obendrauf. Leicht ist das aber nicht gerade und fordert unseren Fähigkeiten alles ab. Viele unzugängliche Kristalle sollte man deshalb ignorieren und sich eher als Ziel setzen, heil bis zum Ende zu kommen.
Die Welten sind kurz und ohne störende Ladezeiten. Einmal gestorben, geht es sofort weiter. Am Ende werden noch einmal in bester Super Meat Boy-Manier alle Tode gezeigt.
Mit seinen 280 Leveln unterhält die Kampagne für eine ganze Weile. Trotzdem dauert jedes von ihnen weniger als nur eine Minute. Wer gern lange am Stück spielt, sollte viele Entspannungspausen einkalkulieren. Ich musste oft nach einigen Minuten eine Unterbrechung einlegen, ganz einfach, weil das hohe Maß an nötiger Konzentration unheimlich ermüdete. Cloudberry Kingdom geht an die Grenze und treibt uns immer ein Stückchen darüber hinaus. Das wurde großartig umgesetzt, ist aber in längeren Sessions ziemlich anstrengend und schwer.
Aufgelockert wird das Spielprinzip durch Bobs Fähigkeiten, zu denen etwa ein Raketenrucksack, der Doppelsprung oder eine Mini-Version von Bob gehören. Letzterer springt ebenso hoch wie die große Version, bietet aber weniger Angriffsfläche. Die Steuerung ist eingängig und Bob reagiert sofort auf jede Eingabe. Das steht ganz im Gegensatz zu einigen anderen Vertretern des Genres - wie etwa auch Mario, der gelegentlich noch einige Schritte weiterläuft, wenn wir ihn zum Umkehren anweisen.
Zusätzlich zur Kampagne gibt es einen Arcade-Modus, in dem wir nur eine begrenzte Anzahl an Leben besitzen. Weitere verdienen wir uns allerdings durch eingesammelte Kristalle. Mit diesen Voraussetzungen kämpfen wir uns durch so viele Level wie möglich. Im Freeplay entscheiden wir außerdem, auf welche Elemente und Herausforderungen der Weltengenerator seinen Fokus legen soll. Damit baut sich jeder einen Kurs nach seinen Wünschen zusammen. Es gibt jeweils fünf Stufen für die Bauelemente und bereits nach Stufe 2 hatte ich das Gefühl, die Menge an Plattformen und schwingenden Todesbeilen sei unkontrollierbar. Jede Spielvariante unterstützt einen Mehrspielermodus für vier Spieler ebenso wie einen Bungee-Modus, in dem alle gemeinsam los ziehen und dabei durch ein Band verbunden sind. Alleingänge sind da weniger gefragt.
Die Sound-Effekte sind schlicht und inspiriert von der guten alten 8-bit-Zeit. Sie könnten mit Leichtigkeit tatsächlich auch aus Super Mario Bros. stammen. Weil bei ihnen aber kaum Highlights gesetzt wurden, fällt der Fokus stattdessen mehr auf die Musik. Und das hat noch einen weiteren Grund, denn die ist tatsächlich richtig gut. Dezente Chiptunes-Stücke wurden mit modernen Beats gemischt. Stetig unterlegt wird das Ganze von einem wummernden Bass. Die Musik setzt die Stimmung und treibt gleichzeitig das Tempo voran. Der Rhythmus treibt uns gerade zu an, uns auch wirklich zu beeilen. Schon allein deshalb sollte man Cloudberry Kingdom einmal angespielt haben.
Cloudberry Kingdom ist ein gut gemachtes Jump'n'Run. Hinter dem etwas skurrilen Stil verbirgt sich ein Spiel, das schon beim ersten Kontakt mit seinen Mechaniken und der Spieltechnik überzeugt. Die gute Balance beim Schwierigkeitsgrad unterstützt die unbegrenzten Möglichkeiten wunderbar. Wer Jump'n'Runs liebt, muss diesem Titel eine Chance geben. Und selbst wer es eigentlich entspannter mag, dem bietet Cloudberry Kingdom immer noch eine schöne Spielerfahrung. Kurz gesagt, ist es ein handwerklich hervorragender Titel.