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Blue Reflection: Second Light

Blue Reflection: Second Light - Kapitel 1 abgeschlossen

Drei Stunden lang sind wir Ao und ihren Schulfreundinnen bereits durch das Heartscape gefolgt.

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Blue Reflection ist eines dieser Games, das einem ab und zu empfohlen wird, wenn man spätnachts das weite Internet nach Spielen durchforstet, die „ungefähr so wie Persona" sind. Dass ich am Ende nicht das gefunden habe, was ich ursprünglich gesucht habe, dürfte bereits klar werden, noch bevor man sich anschaut, welche freizügigen DLC-Optionen Entwickler Gust diesem Magical-Girls-Rollenspiel aus dem Jahr 2017 zur Verfügung stellt. Koei Tecmo stört sich daran nicht, denn sie unterstützen die Marke mit einer Anime-Staffel, einem Mobile-Game und einem vollwertigen Nachfolger, um den es hier gehen wird. Der Publisher glaubt also, dass das Material auch außerhalb Asiens anschlägt und wir wollen uns zumindest anschauen, ob das neue Game wirklich einen zweiten Blick wert ist.

Je nachdem, wie man die einzelnen Gameplay-Bestandteile bewertet, kann man wahrscheinlich schon irgendwie in Richtung Persona schielen, wenn man sich Blue Reflection: Second Light so anschaut. In diesem Rollenspiel lernen wir eine Gruppe junger Mädchen kennen, die in einer verlassenen Schule leben und keine Erinnerungen an ihre Vergangenheit haben. Unsere Protagonistin Ao ist davon ausgenommen, denn sie ist erst kürzlich in dieser Welt aufgetaucht. Die Truppe entdeckt unweit ihrer Schule einen geheimnisvollen Bereich, in dem es von Monstern wimmelt. Diese „Dämonen" bekämpfen die Jugendlichen mit der Macht ihrer Gefühle, die dank eines magischen Rings die Form von Waffen annehmen können.

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Am ehesten erkenne ich das ATB-System (Active Time Battle) aus Final Fantasy in den rundenbasierten Kämpfen von Blue Reflection: Second Light wieder. Alle Spielfiguren - auch die Gegner - sammeln in einer bestimmten Geschwindigkeit Energie an, die für sämtliche Aktionen benötigt wird. Sobald die vorgeschriebene Menge vorhanden ist, könnt ihr das Geschehen jederzeit pausieren, um in Ruhe einen der verfügbaren Effekte zu aktivieren. Durch das Ausführen von Talenten kann eine Figur „einen Gang hochfahren", was die maximale Menge an Energie, die gespeichert werden kann, erhöht und verschiedene andere Vorteile mit sich bringt. Dadurch schaltet ihr neue Fertigkeiten frei und ab Stufe 3 verwandelt ihr euch in einen Reflector-genannten Sailor-Krieger. Im Wesentlichen sammelt ihr auf diese Weise Reserven an, um auf Notfälle reagieren und kritische Angriffe aneinanderreihen zu können.

In den Kämpfen von Blue Reflection geht es letztlich darum, die Gegner zu überrumpeln. Ihr müsst durch fokussierte Angriffe die Verteidigung eines Feindes durchbrechen, um diesen ins Taumeln zu bringen. Dadurch ist dieser gezwungen, eine gewisse Zeit lang auszusetzen, um sich zu erholen - was euch wiederum mehr Spielraum für weitere Aktionen beschert. Diesem System reihen sich unterschiedliche Angriffsarten, Typschwächen und Attribute unter, sodass man strategisch sicher einiges erwarten kann. Nach gut drei Stunden habe ich aber bereits festgestellt, dass viele Kämpfe nach dem gleichen Schema ablaufen, sobald man die richtige Strategie gefunden hat.

Das bereitet mir deshalb ein bisschen Sorge, weil der Spielfortschritt bislang sehr linear wirkt. Einerseits erhält unsere Truppe aus den Kämpfen Erfahrung, die Mädchen steigen also im Level auf, was ihre passiven Werte steigert. Andererseits gibt es ein System, das die sozialen Interaktionen untereinander bewertet und belohnt. Wenn ihr viel mit den anderen Mitgliedern eurer Party unternehmt, die richtigen Antwortmöglichkeiten wählt und sie nicht ignoriert, dann erhaltet ihr quasi Skillpunkte, die für direktes Wachstum in verschiedenen, linearen Fähigkeitsbäumen verwendet werden. Das scheinen aber ebenfalls insbesondere passive Talente zu sein, weshalb ich befürchte, dass das Spielgeschehen über weite Strecken sehr gleichförmig bleibt.

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In Blue Reflection: Second Light kommt zudem ein sehr grob implementiertes Stealth-System zum Einsatz, das uns schon früh im Spielverlauf begegnet. Um großen Monstern im Wald aus dem Weg zu gehen, müssen wir uns ducken, durch enge Unterbauten zwängen und vor allem den sehr deutlich markierten Sichtkegeln der Feinde ausweichen, sodass diese keinen Alarm schlagen können. Das System wird sehr plump eingesetzt, weshalb das schnelle Trial-&-Error-Gameplay in diesem Part noch nicht überzeugt. Die Implementation hat immerhin den Vorteil, dass man nichtsahnende Gegner fortan mit einem Überraschungsangriff überrumpeln darf, was die eigenen Chancen im anschließenden Kampf deutlich steigert.

Natürlich spielt bei Gust auch immer die Alchemie eine Rolle, denn das ist bekanntlich das Steckenpferd der Atlier-Entwickler. Wenn wir nicht gerade kämpfen, dann sammeln wir in den verschiedenen Gebieten Materialien auf, aus denen wir uns in der Schulkantine etwas Leckeres kochen können. Aus den Fundsachen lassen sich auch Gegenstände herstellen, die uns im Kampf einen Vorteil verleihen. In gewisser Weise wird sogar der Spielfortschritt daran gekoppelt, denn manche Aufgaben erfordern von uns, ein bestimmtes Objekt herzustellen, was wiederum eine neue Region freischaltet oder einen anderen Sinn erfüllt. Viele Items nimmt man im Vorbeigehen auf, aber wie anstrengend das Suchen letztlich wird, lässt sich noch nicht absehen.

Was ich auch noch gar nicht absehen kann, ist, wohin uns die Geschichte führen will. Im ersten Kapitel beschäftigt man sich mit einem jungen Mädchen, das von ihren Mitschülern gemobbt wurde. Damals konnte sie nicht die Kraft aufbringen, um sich gegen die Schikane zu wehren, doch im Verlauf dieses Abenteuers wachsen diese jungen Personen über sich hinaus - unter anderem auch, indem sie sich der eigenen Vergangenheit stellen. Das Entwicklerteam bemüht sich zu Beginn der Geschichte darum, eine möglichst harmonische Stimmung zwischen den Mädchen zu erzeugen, nur wirken diese jungen Menschen bislang leider noch sehr blass.

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Die Figuren, denen man bis zum Ende des ersten Kapitels begegnet, haben auch nach gut drei Stunden noch nicht die Gelegenheit wahrgenommen, komplexere Charakterzüge zum Ausdruck zu bringen oder zumindest anzudeuten. Unsere Protagonistin Ao ist energiegeladen und forsch, doch ihre drei „Mitschülerinnen" leben schon seit längerer Zeit an diesem Ort. Sie alle haben zwar einen kleinen Tick, aber letztlich sind sie primär darauf programmiert, sich gegenseitig den Rücken zu stärken und füreinander da zu sein. Ich hoffe, dass sich an der Dynamik noch etwas ändert, denn das Spiel macht sehr früh deutlich, dass viele weitere Spielfiguren zu uns aufschließen werden.

Nach drei oder vier Stunden mit Blue Reflection: Second Light bin ich ehrlich gesagt noch immer nicht schlauer als am Anfang. Spielerisch scheint das Programm relativ anspruchslos zu sein und weder die Charaktere noch die Geschichte konnten mich bislang begeistern. Die Handlung nimmt gegen Ende des ersten Kapitels aber immerhin an Fahrt auf und ich bin mir sicher, dass ihr das Game mehr genießen werdet, wenn ihr Vorwissen aus dem ersten Spiel mitbringt. Technisch solltet ihr euch aber nicht auf eine große Überraschung einstellen, denn der Titel ist sehr schlicht. Dieses Manko gleicht Gust allerdings mit magischen Szenerien, atmosphärischem Licht und einer Kameraarbeit aus, die sich sichtlich darum bemüht, die jungen Mädchen zu romantisieren. Am 9. November erscheint Blue Reflection: Second Light auf Nintendo Switch, PC und PS4.

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