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Battlefield V

Battlefield V

Kann das nächste Battlefield auch 2018 noch mit den anderen Giganten des Genres mithalten?

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Realistisch und historisch korrekt: Wenn es zwei Dinge gibt (außer dem Krieg), die Battlefield V im Laufe der Jahre definiert haben, dann sind es diese beiden Begriffe - Realismus und historische Akkuratesse. Battlefield V enthält Frauen, sogar viele, sowohl in der Kampagne als auch im Multiplayer. Hat das Auswirkungen auf die Spielbarkeit? Null. Historisch korrekt? Absolut. Spielt es wirklich eine Rolle? Nein, nicht für mich. Ob diese Dinge wichtig sind oder nicht, das überlassen wir euch. In diesem Testbericht geht es um Battlefield V als Spiel - nicht um Geschlechter- oder Geschlechterpolitik. Als obligatorische Anmerkung: Wir wurden von EA und DICE eingeladen, zwei Tage lang Battlefield V zu spielen, noch ehe die offiziellen Server gestartet wurden. Diese Review basiert vollständig auf diesem einen Event und geht davon aus, dass die Spielerfahrung mit dem Zustand nach dem Launch identisch sind.

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Jeder Kader kann zudem Verstärkung anfordern, wenn genug Punkte gesammelt wurden (ähnlich zu den Killstreaks in Call of Duty).

Battlefield V ist in vielerlei Hinsicht der direkte Nachfolger von Battlefield 1, trotz der unglaublich seltsamen Nummerierung. Was natürlich gemeint ist, sind die reinen Spielmechaniken: Die erste offensichtliche Änderung ist das Setting, da wir uns nun wieder im Zweiten Weltkrieg befinden. Es ist eine Ära der Vertrautheit aufgrund unserer näheren Geschichte, die noch viele Sehenswürdigkeiten und Geschichten zu bieten hat. Die Unterschiede zwischen dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg (Battlefield 1 vs. Battlefield V) liegen bei EA aber nicht so weit auseinander, wie man vielleicht vermuten würde. Offensichtliche Dinge, also Panzer, Flugzeuge und Waffen, haben sich natürlich weiterentwickelt, doch generell ist die Spielerfahrung noch immer schmutzig, vollgestopft mit dreckigen, plötzlichen Toden und ausgefallenen Farben.

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Obwohl es einfach ist, sich in Battlefield V zu vergucken und es von einem technischen Gesichtspunkt zum Niederknien zu finden, geht unser Lob tatsächlich viel mehr auf die Spielmechaniken zurück. Es mag auf dem ersten Blick nicht offensichtlich sein, doch dieses Game fühlt sich verzeihender an, als sein Vorgänger. Waffen werden auf eine Art und Weise gehandhabt, die sich logischer anfühlt. Feedback, Rückstoß und wie sich die Kugeln verhalten, ist einfacher zu berechnen. Die Geschwindigkeit ist ein wenig angezogen worden, weshalb wir schneller zielen und die Waffen wechseln. Das ganze Spiel fühlt sich rappelartig an, ähnelt in dieser Hinsicht Call of Duty mehr denn je. Dadurch wird Battlefield V wesentlich einfacher zu erlernen sein und erleichtert den Spielstart. Gleichzeitig gibt es den besten Spielern Werkzeuge in die Hand, um das Spiel auf neue Weise zu meistern. Ich denke es ist eine gute Sache, aber der Nebeneffekt wird unvermeidlich sein, dass die Kluft zwischen wirklich guten und weniger guten Spielern deutlich zunimmt. Das sollte sich durch ausgeklügeltes Matchmaking, das Spieler mit unterschiedlichen Fähigkeiten voneinander getrennt, hoffentlich lösen lassen.

Die zwei wichtigsten Neuerungen in Battlefield V sind der neue Verstärkungsmodus und die Tatsache, dass wir ständig mit begrenzten Ressourcen in Form von Munition und unserem Lebensmesser agieren müssen (der übrigens gerne mal von alleine ausfällt). Das Erbauen von leichter Deckung ist eine clevere Lösung, um strategische Punkte zusätzlich zu verstärken. Sandsäcke, Stacheldraht, Panzerungsschutz und Versorgungsstationen können an speziell dafür vorgesehenen Stellen befestigt werden, um es dem gegnerischen Team schwieriger zu machen, eine Position zu stürmen. Ob diese Funktion nach Serverstart so intensiv genutzt wird, wie DICE sich das erhofft, ist schwer zu sagen. Sicherlich gibt es gute Gründe für solche Funktionen, insbesondere in Spielmodi, in denen Punkte kontrolliert werden müssen.

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Es ist wahrscheinlich keine Überraschung, dass Battlefield V sehr natürlich und detailliert wirkt.
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Um das Leben auf dem Schlachtfeld wiederzuerlangen, ist es in Battlefield V nicht mehr möglich, sich in den nächsten Busch zu flüchten und am Gras zu schnuppern, bis sich der Lebensmesser erholt hat. Stattdessen besitzen wir, wie im aktuellen Call of Duty: Black Ops 4, ein Medikit, das uns heilt. Wiederbelebungen liegen nicht mehr allein in der medizinischen Verantwortung der Sanitäter, die sind vorrangig dafür verantwortlich, alle verbleibenden Teammitglieder am Leben zu halten. Genau das gleiche gilt beim Thema Munition: Ihr seid nicht mit tausenden Patronenkugeln ausgestattet, sondern tragt leichtes Gepäck und müsst euch in verschiedenen Stationen auf die Unterstützerklasse verlassen. Diese beiden Entscheidungen machen es sehr gut möglich, dass die Action tatsächlich mitten in einem Feuergefecht enden kann. Es ist ein weiterer Stressfaktor und eine strategische Überlegung, die man berücksichtigen muss.

Neben den Veränderungen am Waffengefühl und dem Ressourcen-Management haben sich auch die Klassen, sowie die Art und Weise, wie diese untereinander interagieren, gewandelt. Dabei handelt es sich immer noch um die gleiche Struktur (Assualt, Medic, Support und Recon) und selbst die Grunddaten bestehen seit Battlefield 1. Es ist jetzt jedoch wichtiger als je zuvor, über ein abwechslungsreiches Klassenangebot zu verfügen, da ein Team alle Funktionen besetzt halten sollte: Das Markieren von Feinden, das Sprengen von gepanzerten Fahrzeugen oder das Platzieren von Gegenständen, mit denen Teamkollegen direkt beim Squad spawnen können und wir keine wichtigen Positionen an den Feind abtreten müssen. Die Assualt-Klasse spielt mit Feuerwerkskörpern und Sprengfahrzeugen, mit denen sie andere Vehikel beschädigen können. Der Sanitäter stellt sicher, dass die Truppen den nächsten Vorstoß überstehen, während der Support Teamkameraden absichert und Munition bereitstellt. Die Recons können Feinde auf große Entfernungen markieren und aus dem Spiel nehmen. Es ist möglich jede Klasse darauf zu spezialisieren, bestimmte Aufgaben effizienter auszuführen. Battlefield V unterstützt dadurch eine große Anzahl an Spielstilen.

In Battlefield V ist es wichtiger als je zuvor, mit drei anderen Spielern ein Squad zu bilden, und DICE ermutig das Teamplay deshalb auch stärker als früher. Zum Beispiel kann jeder in einem Trupp einen gefallenen Soldaten wiederbeleben, das war zuvor ausschließlich der Sanitätsklasse vorbehalten. Für das koordinierte Zusammenspiel ist diese Lösung super geeignet. Die erfolgreichsten Teams an der Spitze der Rangliste werden sich ganz sicher gut in Hinsicht der Klassen und Ausrüstung ergänzen. Wie schon in Battlefield 1 ist es möglich, die Klasse eines Verbündeten doppelt zu belegen, was in engen Situationen, beispielsweise am Conquest-Kontrollpunkt oder bei der Verteidigung einer Grand Operation, von entscheidender Bedeutung sein kann. Allerdings gibt es jetzt nur vier Personen pro Squad, und nicht mehr fünf, wie noch in Battlefield 1. Das macht es einfacher, in die verschiedenen Fahrzeuge zu passen und sorgt unserer Meinung nach insgesamt für einen besseren Zusammenhalt in der Gruppe. Jeder Kader kann zudem Verstärkung anfordern, wenn genügend Punkte gesammelt wurden (ähnlich wie Killstreaks in Call of Duty). Dabei handelt es sich um spezielle Rüstungswagen, V2-Raketen und - wenn man weit von der nächsten Basis entfernt ist - Vorräte. Manchmal erhält man dadurch auch einfach nur die eine Klasse, die im Team aktuell noch fehlt. Diese Funktion gibt den späteren Partien mehr Tiefe, immerhin kann eine gut platzierte Rakete das gegnerische Team vernichten.

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Zur Veröffentlichung fühlt sich Battlefield V trotzdem noch etwas inhaltsleer an.

Kommen wir zu den Spielmodi: Mit Conquest ist der klassische Battlefield-Modus zurückgekehrt und nach unserer Pause fühlt der sich wunderbar gewohnt an. Auf großen Karten spielen zwei Seiten um die Vorherrschaft von Kontrollpunkten, das Team, das die meisten Zonen am längsten kontrolliert, siegt. In Battlefield V wurden die Operationen zu Grand Operations modifiziert, wodurch ein kleiner narrativer Einschub und ggf. Twists zum Spielgefühl hinzukommen. Ein Team verfolgt unterschiedliche Ziele, wie die Zerstörung von Luftabwehrkanonen oder das Besetzen eines Gebäudes, während das andere Team versucht, genau das zu verhindern. Je nach Ergebnis verläuft das Spiel unterschiedlich und die Chancen ändern sich ständig, was vor allem Verteidiger unter konstanten Druck setzt. Grand Operations ist wie eine Mischung aus Rush und Conquest und wirklich extrem explosiv. Die Matches sind in der Regel jedoch etwas langwierig, da sie über mehrere Tage hinweg laufen (im Spiel also). Vor dem Abendessen noch schnell eine Runde zu spielen, das wird euch in arge Zeit- und Erklärungsnot bringen.

Zur Veröffentlichung fühlt sich Battlefield V trotzdem noch etwas inhaltsleer an. Es gibt keine Spielmodi wie Rush, Collaborative und Battle Royale. Stattdessen gibt es mehrere Multiplayer-Modi und ein Paar Einzelspielermissionen. Die Kampagne ist, wie in Battlefield 1, eine Reihe von Missionen (vier an der Zahl), die aus verschiedenen Blickwinkeln mit individuellen Geschichten stattfinden. Wir werden darin von den norwegischen Bergen bis zu den südlichsten Dünen Afrikas und in die Felder Frankreichs geführt. Es ist okay für das, was sie sind. Nur dienen die Missionen eher der Einführung der Spielmechaniken und Taktiken, statt dem Gefühl einer aus dem Ruder laufenden Kampagne widerzuspiegeln. Immerhin profitieren wir davon, wenn wir wieder online sind. Battlefield V beherbergt jedoch ein neues und erweitertes Fortschrittssystem, das von Waffen zu verschiedenen Skins und natürlich Kleidungsstücken reicht. Der Kram wird schrittweise freigeschaltet, was den Ausbau der Klassen viel aufwendiger gestaltet, als noch im Vorgänger. Ich hätte mir noch mehr Waffen gewünscht, die sich auch wirklich unterschiedlich spielen, aber die zur Verfügung stehenden Knarren waren spaßig und fühlen sich ziemlich gut an.

Ein weiterer Grund, warum sich Battlefield V noch nicht so prall anfühlt, ist der Tatsache geschuldet, dass EA und DICE ein sogenanntes "Live Game" erstellen - also eine Dienstleistung, die sich ständig weiterentwickelt und die für eine gewisse Zeit lang kontinuierlich mit neuen Dingen und Ereignissen gefüllt wird. Dieses Konzept, das uns in kurzen Zeitintervallen neue Inhalte bieten soll, nennen die Verantwortlichen Tides of War und es soll völlig kostenlos sein. Es ist natürlich schwer zu sagen, welchen Mehrwert diese Updates dem Spiel am Ende bescheren, schließlich lässt sich jetzt gerade nur das bewerten, was auch tatsächlich schon im Spiel ist... Wir müssen EA in dieser Hinsicht einfach vertrauen, dass alle künftigen Inhalte von Battlefield V kostenlos sein werden. Das ist eine sehr willkommene Nachricht, auch weil sie bedeutet, dass die Spielerbasis nicht getrennt wird. Die bisher veröffentlichten Karten fühlen sich jedenfalls durchdacht an, sind abwechslungsreich gestaltet und nahezu komplett zerstörbar. Was zum Start eines Matches noch das Vorzeigeprojekt einer kleinen Stadt war, brennt in der Mitte des Gefechts vielleicht schon lichterloh auf dem Erdboden.

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Das Erbauen von leichter Deckung ist eine clevere Lösung, mit der strategische Punkte zusätzlich verstärkt werden.

Es ist wahrscheinlich keine Überraschung, dass Battlefield V sehr natürlich und detailliert wirkt. Aber ich sagen euch: in Rotterdam zu stehen und einem Sägewerk beim Fräsen von Holzbalken zu beobachten, das dabei kleine Funken spuckt ist eine Wucht. Und wenn der Schnee durch die Druckwelle einer nahen Granatenexplosion vom Dach geweht wird, das lässt einem den Atem stocken. Details, wie der Regen, der auf die Blätter eines Busches tropft und langsam daran abfließt, ein solcher Anblick ließ mich einige Male zur Ruhe kommen. Es ist die phänomenale Arbeit des Grafikteams, das diese unglaubliche Leistung schuf. Gleiches gilt für das Klangbild: Hier funktioniert DICE normalerweise am besten und Battlefield V ist davon absolut keine Ausnahme. Wenn Kugeln auf der Oberfläche des Panzerwagen toben, die Artillerie am Horizont einschlägt und verletzte Soldaten aus den Gräben brüllen bleibt der Sound zu jeder Sekunde bombastisch. Wenn dann auch noch die Musik einsetzt, spüre ich wie sich etwas tief in mir zusammenzieht und ich mich bereit mache, um ein bisschen besser zu spielen und wirklich gewinnen zu wollen.

Battlefield V ist ein wirklich gutes Spiel. Alle Arbeiten, die DICE bei der Erneuerung der grundlegenden Mechanik geleistet hat, führten zu einem Produkt, das sich straffer anfühlt, als es die Serie in den vergangenen Jahren war. Ich mag zudem den Fokus aufs Teamplay und dass man sich mehr auf seine Kollegen verlassen muss, wenn man solide geschützt, am Leben gehalten oder weiterhin unbedacht ballern möchte. Im Moment wirkt der Inhalt noch etwas aufgebrochen und einige Matches zu lang waren, um meine Aufmerksamkeit über die komplette Länge bei sich zu halten. Andererseits denke ich auch, dass Battlefield V als Live-Service mit einem konstanten Fluss an frischen Dingen funktionieren wird, und deshalb freut es mich sehr, dass Tides of War kostenlos verfügbar ist. Das alles fühlt sich an, wie der richtige Weg für die Serie. Battlefield V ist ein Muss für jeden Verteidiger von Multiplayer-Games.

08 Gamereactor Deutschland
8 / 10
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Funktionierende Gameplay-Spirale, massive Ausmaße der Karten, unfassbare Grafikpracht, überragendes Sound-Design, spannendes Fortschrittssystem, Tides of War kommt gratis.
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Matches dauern ewig, zum Start sind Inhalte noch rar gesät.
overall score
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