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Afterparty

Afterparty

Night School Studios folgen dem Beispiel von Oxenfree mit einem Spiel, in dem man sich selbst aus der Hölle trinken muss.

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Es gibt kaum etwas Besseres, als in eine fantasievolle Welt einzutauchen, dabei Rätsel zu lösen und coole Charaktere zu treffen. Wir erinnern uns noch lebhaft daran, wie wir uns in Monkey Island und Sam & Max: Hit the Road verliebten, allerdings ist das Adventure-Genre seit diesen beiden Veröffentlichungen zurückgefahren worden. Ein altmodisches, echtes Abenteuerspiel zu finden, das ist heutzutage eher selten (was eine Schande ist). Daher war es für uns eine große Freude, dass wir uns vor kurzem mit Afterparty beschäftigen durften. Das Spiel wurde von Night School Studios, dem Studio hinter Oxenfree, entwickelt und kürzlich für PC, Playstation 4, Nintendo Switch und Xbox One veröffentlicht.

In Afterparty spielen wir die beiden besten Freunde Lola und Milo, die kurz nach ihrem Tod in der Hölle landen. Die giftigen, unangenehmen Umgebungen sind kein sonderlich vergnügsamer Ort, deshalb wollen die beiden natürlich wieder so schnelles geht von hier verschwinden. Das ist leichter gesagt als getan, denn das Paar muss schnell lernen, dass es nur einen Ausweg gibt - und der führt direkt am Teufel vorbei.

Die Prämisse ist in dieser Form einzigartig und ungewöhnlich, was zu einer wirklich interessanten Spielerfahrung ausgebaut wird. Grundlegend gibt es zwei Arten von Bewohnern in der Hölle: Zum einen sind das Dämonen, die sicherstellen, dass die Menschen für die in ihrem Leben begangenen Sünden entsprechend bestraft werden. Zum anderen wären da die Menschen, die darauf warten, zur Rechenschaft gezogen zu werden. Lola und Milo müssen quasi durch die neun Zirkel der Hölle wandern, um letztlich den Teufel zu treffen und ihn in einem Trinkduell zu überlisten.

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In Afterparty spielen wir die beiden besten Freunde Lola und Milo, die kurz nach ihrem Tod in der Hölle landen.

Während ihrer Reise durch die Tiefen des Infernos wird das Paar auf viele seltsame Charaktere treffen, die ihnen gegenüber sehr unterschiedliche Gefühle haben werden. Einige wollen uns helfen, während andere versuchen werden, uns an der Flucht zu hindern. Die Erzählung ist sehr gut geschrieben, besonders in den ernsteren Momenten. Interessante Dialoge und effektives Drama reichen sich die Hand, nebenbei versucht sich Afterparty auch immer wieder am Humor, was bei uns nicht so wirklich punkten konnte.

Den beiden Protagonisten folgt ein persönlicher Dämon, der sie quasi vor der Folter bewahrt. Unsere Dämonin ist neu im Dienst und an ihrem ersten Tag noch nicht so richtig eingespielt, wie es ein erfahrener Lakai Satans wäre. Das führt zu unterhaltsamen Situationen, in denen sich Milo und Lola mit ihrem engagierten Begleiter streiten. Die Charaktergalerie ist kreativ eingerichtet worden, deshalb werden wir auf zahlreiche individuell gestaltete Kreaturen stoßen. Das reicht von Dämonen, die versuchen, in der Hölle erfolgreich zu sein, bis zu anderen Menschen, die versuchen, der ewigen Verdammnis zu entkommen.

Wir genossen die Interaktion zwischen Mensch und Dämon, aber vor allem ist es der Umgang zwischen Milo und Lola, der uns begeistern konnte. Die beiden sind beste Freunde, die sich seit ihrer Kindheit kennen. Sie wechseln sich ab (wir kontrollieren mal den Einen, mal den Anderen), sind in schweren Phasen füreinander da und sie ärgern sich den Rest der Zeit gegenseitig. Ihre Beziehung fühlt sich sehr natürlich an und die beiden können ihre bizarre Umgebung wirklich gut beschreiben.

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Die lustige Prämisse wird von tollen Charakteren und einer charmanten Präsentation begleitet.

Das einzige Problem mit der Erzählung war für uns der Humor, der nicht immer ins Schwarze getroffen hat. So lustig, dass ich lachen musste, fand ich Afterparty beim Spielen nicht. Das kann aber natürlich auch daran liegen, dass ich spaßbefreit bin und die Gags nie wirklich unterhaltend fand. Glücklicherweise überschattet die Narrative diese lahmen Sprüche, da sie eine sehr tiefe Geschichte erzählt, die sich mit Tod, Mobbing, Familienstreitereien und anderen unangenehmen Themen befasst.

Afterparty ist kein sehr kompliziertes Spiel, vor allem nicht für Adventure-Fans. Wir können wählen, ob wir unsere Protagonisten mit einer Tastatur oder einem Controller steuern möchten - eigentlich wählen wir aber nur aus, ob wir nach links oder rechts gehen. In den Gesprächen wird eine Taste zur Interaktion gedrückt, manchmal werden kleine Minispiele, wie Bier-Pong absolviert. Das lässt uns in der Geschichte voranschreiten, spielerisch passiert ansonsten eigentlich nicht viel.

Die Rätsel, wenn man sie so nennen möchte, sind nicht sonderlich herausfordernd und lassen sich allesamt durch die Dialoge lösen. Manchmal fühlt es sich deshalb so an, als würde sich Afterparty von selbst spielen, was auf manch einen Spielertyp vielleicht langweilig wirken könnte. Im Grunde müssen wir die Charaktere nur in die richtige Richtung lenken und uns Gespräche anhören, ohne die Geschichte in irgendeiner sinnvollen Weise beeinflussen zu können. Wenn die Leute sprechen, können wir jedoch einhaken und dadurch Einfluss nehmen.

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In gewisser Hinsicht läuft das Spiel von allein ab, doch weil die Geschichte so spannend geschrieben wurde, war das für uns kein wirkliches Problem.

Afterparty hat einen ganz besonderen visuellen Stil, denn die Hölle ist in diesem Spiel ziemlich bunt geworden. Wir sehen die Charaktere nicht aus der Nähe, deshalb verschwimmen die Details etwas, trotzdem ist die Qualität okay. Ich hatte das Gefühl von Grim Fandago, was ja ziemlich cool war. Tatsächlich fühlt sich die Hölle eher wie ein düsteres Las Vegas an und nicht wie ein Ort, an dem der Teufel in ewiger Verdammnis für seine Sünden büßt.

Das Sound-Design verleiht dem Spiel übrigens eine einzigartige Atmosphäre, denn die Action wird von einem jazzigen Soundtrack begleitet. Darüber hinaus ist die Sprachausgabe hervorragend gelungen und Games im Originalton spielt, wird vielleicht sogar den Einen oder die Andere wiedererkennen. Dave Fennoy, den viele in Telltales The Walking Dead als Stimme von Lee Everett erkennen werden, spielt in Afterparty beispielsweise den Teufel.

Zusammenfassend ist Afterparty eine unterhaltsame, mundgerechte Erfahrung, der es leider etwas an Interaktivität mangelt. Die Rätsel sind sehr schlicht und das Spiel spielt sich fast von allein, das solltet ihr vor dem Spielen wissen. Die Geschichte ist jedoch wirklich gut geschrieben, lohnt sich also. Die Präsentation fand ich großartig und die Musik ist fett und passt. Es ist ein perfektes Spiel, wenn ihr selbst nicht zu viel machen wollt. Dass der Titel so viel Persönlichkeit bietet, hilft einem dabei, das Interesse aufrechtzuerhalten.

07 Gamereactor Deutschland
7 / 10
+
lustige Geschichte, tolle Grafik, solides Sound-Design.
-
Witzen klappen nicht immer, wir wollten manchmal mehr Komplexität, ein paar technische Mängel.
overall score
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