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Far Cry 3: Blood Dragon

Far Cry 3: Blood Dragon

Bei Ubisoft hat jemand Far Cry als großartiges Neon-80er-Pixel-Abenteuer ausgedacht. Dummerweise musste dann noch ein Spiel dazu her.

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Das Intro sieht unglaublich toll aus und hört sich ebenso an. Kreischende Synthies, pixelige 8-bit-Zwischensequenzen, knallige Neonfarben und eine Story, die aus den besten Momenten der VHS-Billigfilm-Ära zusammengeknallt zu sein scheint. Es ist ein Mix, so absurd, dass man ihn lieben muss. Er passt für 80er-Veteranen ebenso wie für Clubkids in engen Schwedenjeans.

Das Abenteuer Far Cry 3: Blood Dragon mit Rex Power Colt in der Hauptrolle beginnt also ziemlich furios. Das Downloadspiel nutzt dabei allerdings im wesentlichen die (leider offenbar reduzierten) Spielmechaniken von Far Cry 3. Wir landen auf der Neonversion einer Insel, auf der allerdings immer nur Nacht ist. Anders lässt sich die permanente Dunkelheit nicht erklären. Rex ist ein Mark IV Cyber Commando, halb Mensch, halb Roboter und dabei eher der stumpfe Held im Stile eines John Rambo oder John McClane. Wir sollen mit ihm eine feindliche Basis infiltrieren und stoßen schnell auf Probleme mit den Terroristen der Omega Force, die aussehen wie Daft Punk-Soldaten.

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Far Cry 3: Blood DragonFar Cry 3: Blood Dragon
Action, Action, Action ... hier wirkt jedes Call of Duty wie ein feinfühliger Roman von Boris Vian.
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Wie praktisch, dass wir Laserwaffen im Gepäck haben, Schrotflinten, Scharfschützengewehre, einen Low-Tech-Bogen und ein Terror-MG. Im Laufe des Spiels lassen sich die Waffen mit diversen Anbauteilen verbessern durch das Erfüllen von ebenso lästigen wie dummen Nebenaufgaben. Tierjagd oder Geiselbefreiung ... gähn. Um das alles zu meistern, müssen wir im Far Cry-Jeep über die Insel düsen, was im blutroten Halbdunkel des Neondschungels aber stets eine nervige Sache ist.

Also besser an die Hauptgeschichte halten? Nun ja, kurz vielleicht, denn sie ist nach drei bis vier Stunden erledigt. Immerhin erleben wir hier einen ziemlich Action-Ritt, der eingedampft alles das serviert, was wir an Action-Shootern lieben und hassen. In einer übertriebenen Art zudem. Allein das Outro auf dem Weg zum finalen Bosskampf ist an Stumpfsinn kaum zu überbieten, Alienzombies inklusive. Hier wirkt jedes Call of Duty wie ein feinfühliger Roman von Boris Vian. Oder anders gesagt: Das alles wäre wohl selbst dem Duke zu doof.

Auf dem Weg von Endkampf wird man zudem nicht gerade gefordert. Die Daft-Soldaten machen ihrem englischen Namen alle Ehre und sind nur dann eine Gefahr, wenn ihre Schüsse auf dem hohen Schwierigkeitsgrad sofort tödlich sind. Irgendwie sehr schade, dass Ubisoft aus den Möglichkeiten auf dem Papier nicht mehr gemacht hat. Das Konzept ist brillant, die teilweise ewig langen Zwischensequenzen in ihrer Reduziertheit herrlich und toll geschrieben. Das gesamte Drumherum ist perfekt, aber das eigentliche Spiel ist Mist. Ein bisschen ist es, wie die 80er Jahre wirklich waren: ein inszeniertes Jahrzehnt ohne Seele. Theoretisch lustig, aber das Erlebnis selbst ist dann so stumpf, dass es oft weh tut.

Far Cry 3: Blood Dragon
Handwerkliche Fehler wie ein lästiges Button-Layout und Logik-Bugs gesellen sich zu uninspirierten Gameplay.
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Das helfen dann auch extrem schwer zu besiegende Neon-Blutdrachen nicht, das Spiel zu retten. Die Waffen sind auf den ersten Schuss toll, werden aber schnell langweilig. Eigentlich ist es tatsächlich so, dass Far Cry 3: Blood Dragon jenseits der wirklich lustigen ersten 20 Minuten mit dem besten Tutorial seit Jahren eine eher dunkele, streckenweise wirklich hässliche und undynamische Version des tollen Far Cry 3 ist.

Es wirkt wie eine Technik-Demo, die jemand vergessen hat, nach 20 Minuten abzustellen oder wieder von vorne beginnen zu lassen. Selbst der wunderbare Soundtrack von Power Glove ist viel zu wenig hörbar während des gesamten Spiels. Ist fast so, als hätten die Daft Punk-Soldaten aus Angst vor Konkurrenz den Low-Pass-Filter voll reingedreht, damit nix mehr ankommt in den Boxen der Spieler.

Far Cry 3: Blood Dragon, es ist am Ende ein Gimmick, dass als kostenloses Werbespiel im Aufmerksamkeitskrieg für Far Cry 3 perfekt funktioniert hätte. So ganz alleine für sich bietet es einfach nicht genug. Dazu gesellen sich handwerkliche Fehler wie ein lästiges Button-Layout und Logik-Bugs wie jener, dass eine Mission sofort als gescheitert markiert wird, wenn man sich in der offenen Spielwelt nur einen Zentimeter zu weit aus der dafür vorgesehenen Zone bewegt. Einzig Michael Biehn ist im englischen Original in der Rolle des Rex unglaublich witzig und macht die Zwischensequenzen zu einem Erlebnis. Ich kann mich nicht daran erinnern, man ich das letzte Mal so lange auf ein paar kaum animierte Pixelbilder geschaut und gespannt der Story gelauscht habe. Aber pompöses Drumherum rettet eben kein schlechtes Spiel.

05 Gamereactor Deutschland
5 / 10
+
großartige Zwischensequenzen, coole Präsentation und Style, grandiose Idee
-
langweiliges und kurzes Spiel, leblose und öde Spielwelt, sich wiederholende Aufgaben, langweilige Gegner
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

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KRITIK. Von Christian Gaca

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