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Paper Mario: Sticker Star

Paper Mario: Sticker Star

Ein Rollenspiel im Mario-Universum ist nichts Neues. Dass Nintendo sich dafür aber offensichtlich wieder ein eher erwachsenes Publikum gesucht hat, überrascht schon ein bisschen.

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Es ist Sticker-Tag im Pilz-Königreich. Einmal im Jahr kommt der Sticker-Komet ins Land und anlässlich dieses Ereignisses wird ein großes Fest veranstaltet. Bowser und seine Schergen sabotieren das natürlich. Der Bösewicht kommt mit dem Kometen in Berührung und dieser zerspringt in sechs Teile. Die Macht des Himmelskörpers hat Bowser mächtig gemacht und er entführt die Prinzessin. Marios Aufgabe ist es nun, Peach zu retten und sechs Royalsticker zu finden.

Es gab bei Nintendo immer einen deutliche Trennlinie zwischen Konsole und Handheld. Die große Konsole bekam Super Paper Mario vom meisterhaften Studio Intelligent Systems spendiert. Die Handhelds wurden mit der Mario & Luigi-Reihe von Alphadream bedacht. Beide mischten Jump'n'Run mit Rollenspiel. Alphadream aber ist unter anderem für die knuddeligen Hamtaro-Spiele bekannt, mit denen Nintendo eine Zielgruppe anpeilt, die gerade den Teletubbies entkommen ist. Alphadream hat trotzdem wirklich gute Arbeit geleistet. Abwertende Kommentare sind daher sicherlich ein bisschen unfair. Das leicht Kindliche in der Mario & Luigi-Reihe ist dennoch nur schwer zu übersehen.

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Paper Mario: Sticker StarPaper Mario: Sticker Star
Intelligent Systems bringt ein Rollenspiel im Mario-Universum selbst auf einen Nintendo-Handheld.
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Paper Mario: Sticker Star bricht nun mit dieser Tradition. Intelligent Systems bringt ein Rollenspiel im Mario-Universum selbst auf einen Nintendo-Handheld. Und wie zur Strafe für das Gemaule über die bisherigen Abenteuer für die Hosentasche, wurde noch einmal am Schwierigkeitsgrad gedreht. Dieses Spiel ist schwer, bisweilen sogar frustrierend. Wer ungeduldig ist, kommt vermutlich nicht einmal über die Einführung in die Spielwelt hinaus. Paper Mario: Sticker Star fordert uns. Wir brauchen Geschick und Aufmerksamkeit. Wir müssen mitdenken, ja regelrecht um die Ecke denken.

Der Titel verfügt über eine aus den alten Spielen bekannte Oberweltkarte, die alle Level miteinander verbindet. Es gibt manchmal auch Gabelungen, die auf geheime Wege in einer Welt hinweisen. Geheimnisse beherbergt das Spiel ohnehin eine ganze Menge. Aufgebaut sind die Level wie Dungeons in typischen Rollenspielen. Es gibt mehrere Abschnitte, in denen sich verschiedene Gegner bewegen. Treffen wir auf einen, wechseln wir in einen rundenbasierenden Kampf.

Zentraler Anlaufpunkt ist das Städtchen Stichshoven, in dem auch die Feierlichkeiten zum Stickerfest stattfinden sollten. Wir wandern über Wiesen, durch Wüsten, Wälder, den Dschungel, Schneelandschaften und mehr. Alles ist bunt, flach und aus Papier. Büsche können umgeworfen werden, Blumen tauchen nach einem Hammerschlag aus dem Boden auf. Nur in dieser Reihe können wir einen Stapel Papier aus dem Schrank holen, der sich dann als ein Haufen Toads entpuppt. Die meisten Elemente sind aus dem Mario-Universum entlehnt, aber einige stehen inzwischen auch synonym für die Paper Mario-Reihe. Und in 3D schaut das alles durch einen scharfen Tiefeneffekt natürlich fabelhaft aus.

Paper Mario: Sticker Star
In 3D schaut das alles durch einen scharfen Tiefeneffekt natürlich fabelhaft aus.
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Vieles von den Spielmechaniken wirkt vertraut, aber Intelligent Systems hat trotzdem einen ganz anderen Ansatz gewählt. Im Kampf nämlich sind alle unsere Aktionen von Stickern bestimmt. Wollen wir auf einen Gegner springen oder ihn mit dem Hammer schlagen, dann kostet das einen Sticker. Danach bleibt alles wie gehabt: Mario springt auf den Gegner und mit dem richtigen Timing kann er wiederholt auf dem Kopf herumhopsen und mehr Schaden anrichten. Es gibt viele weitere Sticker, die wir sammeln und kaufen können - auch solche, die etwa einen Pilz abbilden und uns frische Energie spenden. Manche Sticker glitzern und haben einen bunten Hintergrund. Je aufwändiger, größer und seltener ein Sticker ist, desto mehr Macht hat dieser. Alles ziemlich logisch.

Aufbewahrt wird unsere Sammlung in einem Stickerheft. Ich war sofort an meine Kindheit erinnert, in der ich selbst mehrere Stickerhefte hatte. Musste man sich dann mal wieder in einem Poesie-Album verewigen, wurden die hässlichsten Sticker herausgesucht, um das zumeist sinnfreie Sprüchlein etwas aufzuwerten. Die schönsten Aufkleber wollte ich zumindest für etwas ganz Besonderes aufheben. Was genau das war, wusste ich zwar nicht, aber einen schönen Sticker einfach so irgendwo verkleben, das ging natürlich auch nicht.

Paper Mario: Sticker Star funktioniert ähnlich und macht demnach auch genau dasselbe mit uns. Die seltenen Sticker bunkern wir. Und obwohl unser Sticker-Album schon überquillt, weil die Zahl der Seiten beschränkt ist, sammeln wir weiter. Wir vermeiden Kämpfe, weil die nur unnötig Sticker verbrauchen und wir ohnehin kaum davon profitieren. Der einzige Bonus sind ein paar Münzen - und für sie könnten wir uns lediglich neue Sticker kaufen. Aber die seltenen, die kann man nicht kaufen. Ach, es fühlt sich immer so schrecklich an, so eine Verzweifelung. Wie das süße, kleine Säbelzahneichhörnchen Scrat aus dem Film Ice Age hortet ich meine Sticker.

Es gibt mit Sicherheit Menschen, die dieses Prinzip verärgert. Liebgewonnenes geben wir nur ungern ab. Doch in einer Notsituation muss ich irgendwann auch seltene Sticker einsetzen. Im Anschluss spende ich weitere an das örtliche Museum - eine Belohnung steht in Aussicht. In diesem Moment löst sich plötzlich etwas in mir. Wenn ich Sticker freizügiger nutzt, dann sind da plötzlich gar keine argen Platzprobleme mehr. Man ist viel entspannter und kommt trotzdem gut weiter. Schließlich gibt es ja auch immer wieder neue zu finden.

Paper Mario: Sticker StarPaper Mario: Sticker Star
Wollen wir auf einen Gegner springen oder ihn mit dem Hammer schlagen, dann kostet das einen Sticker.

Nur ist der Vorrat von den richtigen Stickern nun manchmal etwas knapp. Es gibt Gegner, die wir nur von oben angreifen können, andere sind nur von vorn verwundbar. Für einige Kämpfe empfiehlt sich ein Sticker, der mehrere Ziele gleichzeitig angreift. Nicht auf jede Situation kann man sich perfekt vorbereiten. Aber wer versucht, sich breit aufzustellen, fährt damit ziemlich gut und immer noch besser, als wenn gehortet wird. Obwohl ich am Ende doch vielen Kämpfen immer noch aus dem Weg gegangen bin.

Zu den regulären Stickern gesellen sich übrigens auch noch einzigartige. In der bunten Papierwelt sind nämlich sind Gegenstände aus unser Welt aufgetaucht. Ein Ventilator, ein Baselballschläger, eine Dose, ein niedliches Quietsche-Entchen und vieles mehr. Sammeln wir diese Gegenstände, können wir aus ihnen Sticker machen. Diese sind dann meist größer und in jedem Fall einzigartig.

Bei diesen ungewöhnlichen Aufklebern handelt es sich übrigens nicht etwa um ein nettes Extra, sondern um ein essenzielles Spielelement. An manchen Stellen müssen wir einen solchen Sticker in die Spielwelt kleben, um einen Mechanismus auszulösen. Und im Kampf gegen Bossgegner ist ein ganz besonderer Sticker, der aus einem realen Gegenstand in Papierform gebracht wurde, ebenfalls unabdingbar. Ansonsten sind die meisten Bosskämpfe einfach nicht zu schaffen.

Paper Mario: Sticker Star
Von Mario erwarten wir eigentlich nicht, dass er uns mit einem hohen Schwierigkeitsgrad vor den Kopf stößt.

Und das ist der Punkt, an dem der Geist gefordert wird. Welcher dieser besonderen Sticker der richtige ist, verrät das Spiel meist nicht oder nur schlecht. An einigen Stellen gibt es vage Hinweise, aber grundsätzlich sind wir auf uns allein gestellt. Es ist nicht einmal gesichert, dass sich das erforderliche Objekt schon in unserer Sammlung befindet. Wie in einem Point'n'Click-Adventure probieren wir rum und suchen alles ab. Manche Stellen werden sogar dafür sorgen, dass viele ihren Nintendo 3DS frustriert in die Ecke werfen wollen.

Ich bin mir wirklich nicht sicher, was die Entwickler sich dabei gedacht haben. Es kann wirklich nur als eine Strafe gemeint sein. Gerade Nintendos Spiele zeichnen sich doch durch einen sehr flexiblen Schwierigkeitsgrad aus, der sich an verschiedene Spielertypen richtet. Allen wird es ermöglicht, das Ziel zu erreichen, aber nur den besten wird die volle Schönheit offenbart. Paper Mario: Sticker Star aber bremst uns aus. Irgendwann kommt eine Wand und es gibt auch nach vielen Spielstunden keine Hilfe durch weitere Hinweise.

Zu motzen und zu nörgeln aber ist genau der falsche Weg. Zähne zusammenbeißen und durch, das sollte die Devise sein. Wer nicht wirklich weiterkommt, fragt vielleicht mal Freunde - so wie früher. Zumindest, wenn das nicht zu sehr an der Ehre kratzt. Natürlich schieben wir Frust, wenn wir festhängen. Aber Paper Mario: Sticker Star ganz allein gelöst zu haben, ist tatsächlich eine aussichtsreiche Belohnung. Es gibt dazu immer wieder wunderschöne Momente, die all das Leiden rechtfertigen. Problematisch ist lediglich, dass eben Mario mit seinem Namen für das Spiel steht. Von dem erwarten wir eigentlich nicht, dass er uns so vor den Kopf stößt. Vor allem nicht, wenn er so witzig daher kommt, wie in diesem Titel.

Als Tipp geben wir übrigens all jenen mit, die dem unerwartet hohen Schwierigkeitsgrad trotzen möchten, dass die Kommentare der Toads immer sehr ernst genommen werden sollten. Sie verraten meist den entscheidenden Hinweis - auch wenn dies nicht gleich zu verstehen ist.

08 Gamereactor Deutschland
8 / 10
+
hervorragender Humor, hübsche Präsentation, frischer Ansatz durch Sticker-Sammelei
-
teils unmöglich schwere Rätsel
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

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