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Xcom 2

Xcom 2

Strategieliebhaber Mike hat im Nachfolger zu Firaxis Alien-Epos seine große Liebe gefunden.

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Das größte Problem mit Xcom: Enemy Unknown war die starke Diskrepanz zwischen dem Szenario und den tatsächlich zur Verfügung stehenden Ressourcen. Ernsthaft: Wenn die Aliens eine Invasion auf unserem Planeten starten, werden wir wohl kaum mit den Ressourcen knausern und Anfänger zu Offizieren trainieren und die Verteidigung so konservativ aufbauen. Wir leben in einer Welt, in der Supermächte Milliarden ausgeben, um kleine Länder zurück in die Steinzeit zu bomben, nur um an Öl zu gelangen. Und wenn dann Aliens an unsere Tür klopfen, dürfte der zuständigen Organisation wohl alles nur erdenkliche zur Verfügung gestellt werden.

Dieses Problem ist mit Xcom 2 aus der Welt. Das neue Szenario passt perfekt zum Gameplay. Die Alien-Invasion aus dem Vorgänger konnte nicht abgewehrt werden, wir befinden uns in der nahen Zukunft und leider unter ihrem Joch. Die Aliens integrieren die Menschheit in ihr Kollektiv, sowohl sozial als auch genetisch. Ihr eiserner Griff umspannt den gesamten Planeten. Kleine Widerstandszellen sind überall verstreut und wir übernehmen die Kontrolle.

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Ein Drama jagt das nächste: In Xcom 2 ist keine Entscheidung leicht.
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Das neue Setting ist absolut großartig und passt hervorragend zur Action. Es ergibt einen Sinn, den das erste Spiel nicht hatte und der Mangel an Ressourcen ist in diesem Szenario völlig gerechtfertigt. Firaxis hat einige der Aufgaben gestrichen, die im ersten Teil so viel der Zeit geraubt hatten, um für eine gradlinigere und sofort alles umspannende Echtzeitkampagne zu sorgen. Ich starte im ersten Durchlauf in Mexiko und erweitere die Organisation von hier aus (in der zweiten Runde geht es derweil in Afrika los), während ich zwischen Katastrophen und kleinen Siegen stets am Rande der Vernichtung herumkrieche. Das hört sich düster an (und ist es auch), aber es funktioniert hervorragend. 2012 wurde davon gesprochen Xcom: Enemy Unknown hätte die beste Strategiekampagne aller Zeiten, aber Xcom 2 schlägt sie auf jede erdenkliche Art und Weise.

Wir müssen unsere mobile Basis ausbauen, Ressourcen beschaffen und die Belegschaft rekrutieren. Man benutzt diese Ressourcen, um die meisten Dinge im Spiel freizuschalten, aber es gibt noch eine alternative Währung - Intel - die man vorsichtig einsetzen muss. Alles hat seinen Preis und es ist ein stetiger Balanceakt, denn einen Weg einzuschlagen bedeutet eben auch, einen anderen zu vernachlässigen. Das ist besonders in einigen Schlüsselmissionen auffällig, in denen eine Entscheidung gefällt werden muss aus drei möglichen Wegen, den Feind am besten in Schach zu halten. Man kann zum Beispiel einen Wissenschaftler anheuern, um gefährliche neue Technik zu entwickeln, muss dafür aber Missionen ignorieren, die neue Einheiten bringen. In Xcom 2 ist keine Entscheidung leicht.

Die grausame Herausforderung manifestiert sich sowohl im Macro- als auch im Mikromanagement. Von der Basis aus werden neue Soldaten rekrutiert, neue Ausbauten angefertigt und die Welt nach Ressourcen abgesucht. Während man mit diesen verschiedenen Elementen jongliert, wird man regelmäßig in die Schlacht geworfen. Kommt es zum Kampf, muss man sich die Ressourcen, die man sich bisher zueigen gemacht hat, bestmöglich nutzen und eine ausbalancierte Truppe von Soldaten mit der passenden Ausrüstung zusammenstellen, um überhaupt zu überleben.

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Wirklich furchteinflößend sind die Gegner, auf die man in Xcom 2 trifft.

In der Schlacht begrüßt einen die erste und vielleicht wichtigste Veränderung der rundenbasierten Formel - die Verschleierung. Man beginnt jede Mission unsichtbar für den Gegner. Dies erlaubt es einem, den Kampf zu eigenen Bedingungen zu eröffnen. Ein gut ausgeführter Hinterhalt kann den Unterschied für die gesamten Mission ausmachen - es ist also wichtig, diese Phase gut hinzubekommen. Manchmal ist schleichen keine Option, weil die Uhr tickt, also muss man hart und schnell rein, um siegreich zu enden. Außerdem gibt es Sekundäraufgaben, die bestimmten Missionen noch mal eine andere Dimension verpassen. Und die Ausrüstung, die manche Gegner fallen lassen, zwingt einen manchmal auch vom Weg des geringsten Widerstands direkt hinein in die Gefahr.

Größtenteils wurden das Kampf und Bewegungssystem vom Vorgänger übernommen. Jedem Charakter stehen zwei Aktionen zur Verfügung. Man kann sich über eine vorgegebene Distanz bewegen oder die Bewegung reduzieren und eine zweite Action wie schießen, nachladen oder den Einsatz einer Spezialfähigkeit ausführen. Overwatch ist wieder eine nützliche Aktion und erlaubt es, eine Figur in Alarmbereitschaft zu versetzen. Die ist dann stets bereit anzugreifen, falls während des gegnerischen Zugs ein Feind in Reichweite gerät. Jeder Schuss wird vom Zufall beeinflusst und man kann seine Chancen jederzeit auf dem Bildschirm ablesen, um wohlüberlegte Entscheidungen treffen zu können. Das baut Spannung auf, weil man nie genau weiß, ob ein eigentlich sicherer Treffer auch einschlägt oder ob eine verzweifelter und hoffnungsloser Schuss doch noch den Tag rettet.

Wirklich furchteinflößend sind die Gegner, auf die man in Xcom 2 trifft. Ich will jetzt niemandem den masochistischen Spaß ruinieren, sie selbst zu entdecken. Aber es gibt viele Alien-Variantionen und manche von ihnen sind fast schon obszön mächtig und müssen mit viel Einsatz bezwungen werden. Jeder Gegner muss taktisch unterschiedlich angegangen werden und sie alle sind klug. Manche Feinde tragen dicke Rüstung, die es noch schwerer macht, sie auszuschalten.

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Meine einziger Vorwurf an das Spiel ist, das ihm der allerletzte Feinschliff fehlt.

Die toll designten und unterschiedlichen Gegner sorgen dafür, das sich jede Mission neu anfühlt. Unterstützt wird perfekt von den prozedural generierten Karten. Das macht in einem Durchgang noch keinen großen Unterschied, aber alle, die sich das Spiel mehrmals vornehmen wollen, werden sich garantiert freuen. Die Generierung der Karten funktioniert gut und konstruiert plausible Szenarios, wobei die Örtlichkeiten insgesamt sehr vielseitig sind.

Meine einziger Vorwurf an das Spiel ist, das ihm der allerletzte Feinschliff fehlt. Xcom 2 läuft großartig, aber Texturen poppen auf und Waffen verschwinden in Wänden. Veteranen der Serie kennen das schon und Firaxis war scheinbar nicht in der Lage, das abschließend zu ändern. Das wird vermutlich auch so bleiben, aber die Fehler verderben das Spiel nicht und alles andere ist so gut, dass ich ihnen diesen Ausrutscher gerne verzeihe. Der Multiplayer läuft einwandfrei, aber wie schon beim Einzelspielermodus hätte ein wenig Optimierung nicht geschadet. Zwei Spieler können die Parameter für das Match festlegen - die Länge der Züge, die Menge an Punkten für Ausrüstung und Einheiten, die Location und dann abwechselnd ihre Einheiten in den Kampf schicken. Die Karten sind überraschend groß und bieten viel Platz für taktische Finesse oder grauenhaftes Pech. Das macht Spaß und ist intensiv, aber manchmal sind die Züge nicht synchron und man muss warten, bis das Spiel wieder abgeglichen wurde. Unangenehm, aber da Xcom 2 rundenbasiert ist, kann man das durchgehen lassen.

Das Schönste an Xcom 2 ist, wie sehr man es individuell anpassen kann. Die Soldaten können vielseitiger modifiziert werden als jemals zuvor - man verpasst ihnen einen Namen, verbessert ihre Waffen und sucht sich neue Fähigkeiten aus. Das Spiel wird durch die besonders schmerzhaften Momente definiert, wenn ein hochgelevelter Soldat aufgrund einer unüberlegten Entscheidung oder einem Glückstreffer der Aliens stirbt. Es gibt zudem eine neue Klasse mit Schwert und einen Spezialisten mit Drohne. Es gibt so viele Möglichkeiten und der Permadeath sorgt für Dramen bei jedem einzelnen Zug.

Xcom 2 ist ein Meisterwerk. Es verbessert den Vorgänger in allen Belangen und ersetzt abgeschaffte Features mit spielverbessernden Neuerungen, die alles noch fesselnder und lohnender gestalten. Die neuen Features sorgen dafür, dass es sich immer wieder frisch anfühlt. Es ist der beste rundenbasierte Strategietitel, den ich je gespielt habe.

10 Gamereactor Deutschland
10 / 10
+
starke Verbesserungen zum Original, Stealth-Gameplay durch Verschleierung, zufällige Levelerstellung, tiefe Customization
-
etwas zu wenig aufpoliert, Multiplayer nicht perfekt optimiert
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

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